Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes aufgrund fehlender Unterschrift oder Namenswiedergabe. Rechtsnatur des Wertes von 0,0273 EP

 

Orientierungssatz

1. Eine fehlende Unterschrift oder Namenswiedergabe führt nicht zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes.

2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 263 Abs 3 S 1, 2 SGB VI (juris: SGB 6) ist der Wert "0,0273" EP ein Höchstwert, ein "Grenzwert", der nicht überschritten werden darf.

3. Es handelt sich nicht um einen festen Wert, mit dem Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung zu bewerten sind.

4. Aus dem alleinigen Verbot, den Wert von 0,0273 EP für einen Kalendermonat zu überschreiten, folgt im Umkehrschluss, dass ein sich bei der Begrenzung des zuvor errechneten Gesamtleistungswerts auf 32,81 vom Hundert ergebender niedrigerer Wert als 0,0273 EP zu berücksichtigen ist.

 

Normenkette

SGB VI § 263 Abs. 3 Sätze 1-2, 4; SGB X § 33 Abs. 3; SGG § 85 Abs. 3

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 30.07.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine höhere Regelaltersrente. Streitig ist insbesondere, ob die Beklagte eine Anrechnungszeit wegen Fachhochschulausbildung zutreffend bewertet hat.

Der am 00.00.1942 geborene Kläger bezieht seit dem 01.04.2007 von der Beklagten eine Regelaltersrente, die zunächst auf der Grundlage von 9,7880 Entgeltpunkten (- EP -, Bescheid der Beklagten vom 21.03.2007) geleistet wurde. In einem Streitverfahren vor dem Sozialgericht Köln (S 7 R 148/08) begehrte der Kläger die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten und u.a. eine Anrechnungszeit wegen Fachhochschulausbildung vom 04.03.1974 bis zum 12.01.1976.

Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 22.12.2010 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers unter Berücksichtigung dieser Anrechnungszeit wegen Fachhochschulausbildung neu. Dabei bewertete sie die Zeit vom 04.03.1974 bis zum 10.12.1975 mit einem begrenzten Gesamtleistungswert von 32,81 vom Hundert. Ausgehend von dem sich bei der Berechnung der Regelaltersrente des Klägers ergebenden Durchschnittswert von 0,0213 aus der Grundbewertung ergaben sich EP von 0,0070 monatlich, insgesamt 0,1540 EP für die Anrechnungszeit wegen Fachhochschulausbildung in einem Umfang von 22 Monaten.

Der Kläger legte am 24.01.2011 Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die begrenzte Gesamtleistungsbewertung und beanstandete, dass der Rentenbescheid die Rechtsgrundlage für den Rechenvorgang nicht benenne und bat um Nachbesserung und schriftliche Stellungnahme. Nach einem aufklärenden Schreiben der Beklagten zu § 263 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hielt der Kläger seinen Widerspruch aufrecht und bat erneut um Nachbesserung und schriftliche Stellungnahme. Daraufhin teile die Beklagte dem Kläger mit, dass der Widerspruch zur Entscheidung an die Widerspruchsstelle abgegeben worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Zeit der Fachhochschulausbildung sei in Anwendung der Tabelle in § 263 Abs 3 S 4 SGB VI zutreffend bewertet worden. Die in der Verwaltungsakte enthaltende Durchschrift des Widerspruchsbescheides, die handschriftlich nicht unterzeichnet ist, endet nach der Rechtsmittelbelehrung wie folgt:

"Hochachtungsvoll

T = Vertreter der Versicherten

M = Vertreter der Arbeitgeber

Dr. L = Vertreter des Direktoriums"

Die nachfolgend abgelegte Verhandlungsniederschrift über die Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 19.05.2011 ist von allen Mitgliedern des Widerspruchsausschusses handschriftlich unterzeichnet.

Der Kläger hat am 30.06.2011 Klage erhoben. Er hat - wie bereits zuvor gegenüber der Beklagten - die Weiterleitung des Widerspruchs an die Widerspruchsstelle beanstandet und die Auffassung vertreten, der Widerspruchsbescheid sei nicht rechtmäßig, da die Unterschriften seiner drei Verfasser fehlten. Darüber hinaus ist er der Ansicht, die begrenzte Gesamtleistungsbewertung sei unter Berücksichtigung der EP aus der Tabelle des § 263 SGB VI auf der Grundlage von 0,0273 EP und nicht von 0,0213 EP zu errechnen.

Nachdem das Sozialgericht den Kläger vergeblich um Übersendung einer Kopie des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2011 gebeten hatte, hat es - nach Anhörung der Beteiligten - die Klage durch Gerichtsbescheid vom 30.07.2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Widerspruchsbescheid vom 06.06.2011 sei formell nicht zu beanstanden. Da der Kläger den Bescheid nicht habe vorlegen können, gehe die Nichterweislichkeit des behaupteten Formfehlers zu seinen Lasten. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Beklagte habe die beitragsfreie Anrechnungszeit wegen Fachhochschulausbildung zu Recht mit 0,0070 EP monatlich in die Rentenberechnung einbezogen. Nach § 263 Abs 3 S 2 SGB VI dürfe der begrenzte Gesamtleistungswert für einen Kalendermonat mit Anrechnungszei...

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