Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis von Fremdrentenzeiten in der ehemaligen Sowjetunion außerhalb einer Kolchose. Zeugen zum Nachweis von Beitragszeiten. Ermittlung von Mindestentgeltpunkten nach § 262 SGB 6 unter Außerachtlassung der in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Prüfung, ob Beitragszeiten eines Fremdrentenberechtigten in der ehemaligen Sowjetunion nachgewiesen oder lediglich glaubhaft gemacht sind, ist zwischen den Verhältnisse in sowjetischen Kolchosen und denen in einer Sowchose bzw bei sonstigen Arbeitern und Arbeitnehmern sowjetischer Staatsbetriebe zu unterscheiden.

2. Vom Versicherten benannte Zeugen sind nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum Nachweis von Beitragszeiten geeignet, zB wenn der Zeuge als Lohnbuchhalter aus eigener Wahrnehmung die ununterbrochene Beitragsleistung bestätigen kann.

3. § 262 SGB 6 bietet keinen Raum für das Begehren eines FRG-Berechtigten, Mindestentgeltpunkte nach § 262 SGB 6 unter Außerachtlassung der von ihm in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten bei der Bestimmung des Durchschnittswertes zu ermitteln (vgl LSG Essen vom 11.7.2016 - L 3 R 148/13).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.04.2021; Aktenzeichen B 13 R 67/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.03.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Gewährung einer höheren Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung der in den Jahren 1974 bis 1989 zurückgelegten Versicherungszeiten in der damaligen UdSSR als nachgewiesene Beitragszeiten.

Der am 00.00.1958 in Nord-Kasachstan in der damaligen UdSSR geborene Kläger siedelte am 17.01.1990 in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A".

Ausweislich der Arbeitsbescheinigung ET-I Nr. xxx vom 26.10.1977 absolvierte der Kläger in der Zeit vom 01.09.1974 bis 24.07.1977 eine Lehrzeit in der landwirtschaftstechnischen Berufsschule, Gebiet E, und wurde anschließend am 25.07.1977 (Anordnung vom 28.07.1977) bei der Geflügelgroßfarm "T" als Gas- und Elektroschweißer eingestellt. Am 21.10.1977 (Anordnung vom 21.10.1977) wurde er im Zusammenhang mit der Einberufung zum Militärdienst entlassen und zum 20.12.1979 auf der Geflügelgroßfarm "T" als Fahrer 1 Klasse eingestellt. Am 23.02.1983 (Anordnung vom 28.01.1983) wurde er gemäß Art. 32 des AGB der Kasachischen SSR auf eigenen Wunsch entlassen, und am 01.02.1983 (Anordnung vom 28.02.1983) vom Verband der genossenschaftlichen Instandsetzungsbetriebe, Gebiet B, als Lehrling für Instandsetzungsarbeiten eingestellt. Am 25.12.1985 erhielt er die Zuerkennung der 5 Lohngruppe als Schweißer, am 01.07.1987 die Zuerkennung der 4 Lohngruppe als Schweißer und am 02.01.1990 (Anordnung vom 25.12.1989) wurde er im Zusammenhang mit der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.

Am 19.07.1977 erhielt der Kläger vom Staatskomitee des Ministerrates der Kasachischen SSR für Berufstechnische Ausbildung das Diplom A Nr.xxx für die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen der technischen Berufsschule, Gebiet B, Kasachstan. Die Ausbildung habe er im Jahr 1974 begonnen und 1979 den vollständigen Kurs beendet.

Am 30.06.1982 stellte der Vorsitzende der Staatlichen Qualifikationskommission in T dem Kläger das Diplom DT Nr. xxx für die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen der Industriepädagogischen Fachschule in T aus, und erkannte dem Kläger die Berufsqualifikation Techniker/Maschinenmeister, Meister des Produktionsverbundenen Unterrichts zu. Die Ausbildung habe im Jahr 1978 begonnen und der vollständige Kurs in der Fachrichtung Mechanisierung der Landwirtschaft sei 1982 beendet worden.

Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger nach Durchführung eines sozialgerichtlichen Klageverfahrens mit Bescheid vom 16.08.2006 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 01.11.2003 in Höhe eines Rentenzahlbetrages von 394,17 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte sie die in der UdSSR zurückgelegten Beitragszeiten in der Zeit vom 25.07.1977 bis zum 21.10.1977 und vom 20.12.1979 bis zum 02.01.1990 zu 5/6, da sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien. Die Zeit vom 22.10.1977 bis zum 19.12.1979, in der der Kläger den Grundwehrdienst abgeleistet hat, berücksichtigte die Beklagte als nachgewiesene Zeit zu 6/6. Für die Zeit vom 05.10.1975 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 24.07.1977 berücksichtigte die Beklagte 21 Monate Fachschulausbildung als Anrechnungszeit.

Am 27.08.2010 beantragte der Kläger die Überprüfung der Rentenberechnung nach § 44 SGB X. Der Rentenbescheid sei rechtswidrig, weil er nicht auf die...

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