Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vorliegen einer aufsichtsrechtlich relevanten Rechtsverletzung. Gründung von Tochterunternehmen durch Krankenkasse. keine Verfolgung eines rechtlich anzuerkennenden Zwecks. Auflösung. Haushaltswahrheit. Haushaltsklarheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine aufsichtsrechtlich relevante Rechtsverletzung liegt vor, wenn ein Versicherungsträger als Alleingesellschafter eine privatrechtliche Gesellschaft gründet und betreibt, die einen rechtlich anzuerkennenden Zweck nicht verfolgt.

2. Im Rahmen ihrer Ermessensausübung darf die Aufsichtsbehörde auch berücksichtigen, ob die aufsichtsrechtliche Verpflichtung zur Auflösung und Liquidation eines solchen Tochterunternehmens zur Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit führt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Rechtmäßigkeit eines aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheides.

Die klagende SECURVITA BKK ist eine bundesunmittelbare und für Betriebsfremde geöffnete Betriebskrankenkasse mit Sitz in H.. Sie geht als Betriebskrankenkasse zurück auf die S. Gesellschaft zur Entwicklung alternativer Versicherungskonzepte mbH (im Folgenden: S. GmbH), die Teil der 1984 von Herrn T.M. gegründeten Unternehmensgruppe S. Holding AG ist. Die S. GmbH, deren Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer T.M. war und ist, ist das Satzungs- bzw. Trägerunternehmen der 1996 gegründeten Klägerin, deren Verwaltungsratsvorsitzender T.M. auch war und ist.

Die Klägerin mietete im Dezember 2002 - Mietvertrag über ein noch zu erstellendes Bürogebäude; neuer Mietvertrag im Dezember 2004 mit Nachträgen - in H. am L. Flächen von der L1-GmbH (im Folgenden: L1 GmbH), in die sie im Februar 2007 einzog. Die Gesamtfläche betrug 12.960 qm. Das Nutzungskonzept sah 8.500 qm Eigennutzungsfläche vor (einschließlich 1.000 qm Reserve), 1.000 qm Büroflächennutzung durch die S. GmbH, 260 qm für die Schanzenbäckerei und 3.200 qm für ein Gesundheitszentrum.

Die L1 GmbH war erst kurz vor diesem Mietvertragsabschluss mit der Klägerin im September 2002 gegründet worden. Ihr Stammkapital in Höhe von je 50.000 EUR wurde zunächst von der S. GmbH und der H1 GmbH gehalten. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der L1 GmbH war bis Dezember 2004 T.M.. Die L1 GmbH kaufte nach dem Mietvertragsabschluss mit der Klägerin im November 2004 von der Freien und Hansestadt Hamburg das unbebaute Grundstück L2 zur Bebauung für betriebliche Zwecke der Firma S..

Die S. GmbH veräußerte nach Abschluss dieses Kaufvertrags mit der Stadt H. im November 2004 ihren Geschäftsanteil an der L1 GmbH für 4.225.000 EUR an die Versicherungskammer B. AG. Zuvor war die S. GmbH von der Klägerin noch mit Krediten unterstützt worden.

Die Klägerin gründete am 30. Juli 2007 als alleinige Gesellschafterin die L3 GmbH (im Folgenden: L3) als 100%-ige Tochtergesellschaft. Die L3 wurde am 24. September 2007 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der L3 war nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom 30. Juli 2007 der Betrieb eines Gesundheitszentrums mit Einrichtungen und Dienstleistungen, die die Gesundheit wieder herstellen, erhalten und fördern sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Dieses Gesundheitszentrum trat nach außen auch unter der Bezeichnung HealthPlanet auf (www.healthplanet.de).

Die Klägerin vermietete von ihr nicht genutzte Flächen im Umfang von zunächst 2.567 qm der von ihr von der L1 GmbH gemieteten Flächen ab 1. August 2007 an die L3 zur Nutzung als Gesundheitszentrum für 45.179,20 EUR im Monat unter (Untermietvertrag vom 26. Juli 2007). In einem 1. Nachtrag vom 12. August 2010 zu diesem Untermietvertrag regelten die Klägerin und die L3, dass die Gesamtgröße der untervermieteten Fläche seit 1. August 2007 4.044 qm und der Mietzins vom 1. August 2007 bis 31. Juli 2008 71.174,40 EUR und vom 1. August 2008 bis zum 31. Dezember 2009 80.099,40 EUR betrage. Zwischenzeitlich hatte die L1 GmbH die Kosten für den von der L3 gewünschten Ausbau der Flächen zu einem Gesundheitszentrum mit einem Bruttoinvestitionsvolumen von 5.375.000 EUR übernommen, wofür die Klägerin der L1 GmbH ab 1. Januar 2010 bis zumindest bis zum 1. Mai 2024 eine Zusatzmiete in Höhe von 46.520 EUR monatlich schuldete. Diese war nach dem 1. Nachtrag zum Untermietvertrag von der L3 der Klägerin zusätzlich zum Mietzins zu erstatten, so dass dieser ab 1. Januar 2010 126.619,40 EUR betrug. Zudem wurde eine feste Vertragslaufzeit des Untermietvertrags für die Dauer des Hauptmietvertrags, bis zum 5. Februar 2027, vereinbart. Durch einen 2. Nachtrag vom 28. Oktober 2010 zum Untermietvertrag vom 26. Juli 2007 vermietete die Klägerin an die L3 ab 1. Juli 2009 noch einen Lagerraum (82,6 qm zu 512,12 EUR im Monat) unter.

Noch im Frühjahr 2010 war die bauliche Fertigstellung des Gesundheitszentrums - wie es auch nach wie vor der Fall ist - nicht abgeschlossen und der Bet...

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