Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Weihnachtsgeld. Urlaubsgeld. laufender Arbeitslohn. sonstige Bezüge. Wille der Arbeitsvertragsparteien. keine Bindung der Lohnsteuerrichtlinie. sozialgerichtliches Verfahren. Grundurteil auf höheres Elterngeld

 

Orientierungssatz

1. Als "Urlaubsgeld" und "Weihnachtsgeld" bezeichnete Zahlungen in Höhe von jeweils 1/14 des Jahresgrundgehalts sind als laufender Arbeitslohn und nicht als sonstige Bezüge im Sinne des § 2c Abs 1 S 2 BEEG einzuordnen (und daher bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigen), wenn die Zahlungen nach dem Arbeitsvertrag nicht zusätzlich und ohne rechtliche Verpflichtung erfolgen, sondern unmittelbarer Bestandteil des Gesamtlohnanspruchs sind und nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien die individuelle vorgeburtliche Lebenssituation in gleicher Weise prägen, wie die monatlichen Zahlungen.

2. Angesichts der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG in der Fassung vom 9.12.2010 (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R = BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) steht dem auch nicht entgegen, dass diese Zahlungen nach dem Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG in Verbindung mit R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 1 LStR 2013 als sonstige Bezüge einzuordnen wären und eine entsprechende Einordnung auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen dürfte.

3. Das Gericht kann auch im Höhenstreit ein Grundurteil nach § 130 Abs 1 SGG auf "höheres Elterngeld" erlassen (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R aaO).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.06.2017; Aktenzeichen B 10 EG 5/16 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 8. Juni 2014 bis 7. Juni 2015 höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des ihr im Mai 2013 gewährten Urlaubsgeldes in Höhe von 3.195,32 EUR sowie des ihr im November 2013 gewährten Weihnachtsgeldes in Höhe von 3.243,25 EUR dem Grunde nach zu gewähren.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) unter Berücksichtigung des im Mai 2013 gezahlten Urlaubsgeldes und des im November 2013 gezahlten Weihnachtsgeldes.

Die Klägerin ist die Mutter der 2014 geborenen O J K und war seit 1. Oktober 2007 bei der C GmbH beschäftigt. Zur Vergütung enthält § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ihres Arbeitsvertrages vom 24. Juni 2010 (Arbeitsvertrag) folgende Regelungen:

(1) Die Mitarbeiterin erhält per 1. August 2010 ein Jahresgrundgehalt in Höhe von 58.644,00 Euro brutto. Zum Ende eines jeden Monats werden 4.188,86 Euro brutto (1/14) ausgezahlt. Ferner werden zum Ende des Monats Mai als “Urlaubsgeld„ und zum Ende des Monats November als “Weihnachtsgeld„ jeweils 4.188,86 Euro brutto (1/14) ausgezahlt.

(2) Der Anspruch auf das in Absatz 1 genannte Jahresgrundgehalt, “Urlaubsgeld„ und “Weihnachtsgeld„ besteht im Austrittsjahr anteilig entsprechend des Zeitraums des aktiven Arbeitsverhältnisses im Austrittsjahr.

Die Klägerin war bis November 2013 in Teilzeit und danach in Vollzeit beschäftigt. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr im Mai 2013 als “Urlaubsgeld„ EUR 3.195,32 (brutto) sowie im November 2013 als “Weihnachtsgeld„ EUR 3.243,25 (brutto). Die T Krankenkasse gewährte der Klägerin Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 28. April bis 4. August 2014 in Höhe von (iHv) 13,00 EUR kalendertäglich.

Mit Bescheid vom 15. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für die Zeit vom 8. Juni 2014 bis 7. Juni 2015 (1. bis 12. Lebensmonat des Kindes) iHv 0,00 EUR für den ersten Lebensmonat, 132,27 EUR für den 2. Lebensmonat und monatlich 1.366,83 EUR für den 3. bis 12. Lebensmonat. Bei der Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens berücksichtigte der Beklagte das im Bemessungszeitraum von April 2013 bis März 2014 zugeflossene Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit ohne das in den Monaten Mai und November 2013 zugeflossene Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2014 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben mit dem Begehren, “bei der Elterngeldberechnung das im Mai 2013 gezahlte Urlaubsgeld und das im November 2013 gezahlte Weihnachtsgeld (13. und 14. Monatsgehalt) der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen„. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, dass es zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks des BBEG nicht darauf ankomme, wie eine Gehaltszahlung lohnsteuerrechtlich in richtiger Weise zu behandeln gewesen wäre oder wie sie im Einzelfall tatsächlich behandelt worden sei. Es werde nicht in Frage gestellt, dass bei der Befolgung des Wortlauts von R 39b.2 Abs. 2 Nr. 1 Lohnsteuerrichtlinie (LStR) die Klage unbegründet ...

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