Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Eintritts einer Sperrzeit bei Anspruch auf Arbeitslosengeld trotz Abschluss einer Alterszeitvereinbarung des Arbeitnehmers

 

Orientierungssatz

1. Nach § 159 Abs. 1 SGB 3 ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

2. Mit der Einführung der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die Praxis der Frühverrentung durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand abzulösen. Dem Arbeitnehmer kann der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht vorgeworfen werden, wenn er nach der Altersteilzeit nahtlos in den Rentenbezug wechseln wollte und wenn hiervon prognostisch auszugehen war (BSG Urteil vom 12. 7. 2006, B 11a AL 55/05 R).

3. Liegt ein solcher rechtfertigender Grund nicht vor, so kann das Bestehen eines Krankheitszustands oder Mobbing am Arbeitsplatz einen wichtigen Grund für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung darstellen.

4. Schließt der Arbeitnehmer, der aus einem dieser Gründe zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt wäre, gleichwohl eine Altersteilzeitvereinbarung, nur um die Belastungen durch das Mobbing erträglicher zu gestalten, so kann ihm dies nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Oktober 2018 und der Bescheide der Beklagten vom 5. April 2018 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 11. Februar 2015 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 13. November 1952 geborene und zuletzt als Sachbearbeiterin bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS) beschäftigte Klägerin schloss am 28. November 2006 mit ihrer Arbeitgeberin eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell unter Umwandlung des bis dahin unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab 1. Januar 2009 in ein bis 31. Dezember 2014 befristetes Arbeitsverhältnis, beginnend mit der Arbeitsphase und einer daran anschließenden Freistellungphase vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2014.

Am 28. Oktober 2014 meldete sie sich mit Wirkung zum 1. Januar 2015 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte bewilligte mit Bewilligungsbescheid vom 27. November 2014 Alg für 720 Kalendertage ab 1. Januar 2015 und setzte den Leistungsbetrag für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 25. März 2015 auf 0,- € sowie für die Zeit vom 26. März 2015 bis 30. Dezember 2016 auf 26,96 € täglich fest. Ferner wies sie daraufhin, dass die Zahlungen als Vorschuss geleistet würden. Mit Sperrzeitbescheid vom selben Tag verfügte sie den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2015 bis 25. März 2015, weil die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis mit der MBS einvernehmlich gelöst habe. Sie wies darauf hin, die Sperrzeit dauere 12 Wochen und mindere den Anspruch auf Alg um 180 Tage. Mit dem Widerspruch vom 18. Dezember 2014 machte die Klägerin geltend: Sie sei wegen Mobbings in die Altersteilzeit gegangen. 2004 sei ihr damaliger Arbeitgeber, die Sparkasse Teltow-Fläming (STF), mit der MBS fusioniert worden. Der damalige Vorstandsvorsitzende der MBS W S (WS) habe ihr „die Hölle heiß gemacht“, weil sie als damalige Personalratsvorsitzende einen Sozialplan mit dem Vorstand der STF ausgehandelt hatte. WS sei der Meinung gewesen, dass der Sozialplan einen hohen Schaden verursacht hätte. Er habe sie zum Rücktritt aus dem Personal- und dem Verwaltungsrat aufgefordert und gedroht, ihr ihr Haus wegzunehmen und sie zu verklagen. Sie sei ferner mehrfach wegen angeblicher Weitergabe von Informationen abgemahnt worden, wogegen sie sich erfolgreich vor dem Arbeitsgericht gewehrt habe. Sie sei von WS in der Personalreserve geführt worden, habe monatelang keine Arbeit bekommen und habe psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Im Herbst 2008 habe sie aufgrund der gesundheitlichen Störungen eine sechswöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der psychiatrischen Institutsambulanz in T absolviert. Aufgrund dieser Belastungen habe ihr Hausarzt ihr empfohlen, die Tätigkeit bei der MBS aufzugeben bzw. das Angebot der Altersteilzeit zu nutzen (Attest von Dr. St vom 5. Dezember 2014).

Die Beklagte wies, nachdem mit dem Änderungsbescheid vom 6. Januar 2015 die Regelungen des Bewilligungsbescheides vom 27. November 2014 für abschließend erklärt worden waren, den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2015 zurück und führte aus: Bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bei der MBS zum 31. Dezember 2014 habe die Klägerin keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Sie habe die Arbeitslosigkeit zumindest fahrlässig herbeigeführt. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Soweit ein Betroffener nach durchlaufener Alterste...

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