Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Rechtsmitteln gegen die Bekanntmachung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bekanntmachung der Beitragssätze in der Rentenversicherung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, auch nicht in Form einer Allgemeinverfügung nach § 31 S. 2 1. Alt. SGB 10. Der Adressatenkreis der Bekanntmachung ist offen.

2. Dagegen gerichtete Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel sind infolgedessen unzulässig.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 21.192,64 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2014 durch die Bundesministerin für Arbeit und Soziales vom 19. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4313). Danach beträgt der Beitragssatz für das Jahr 2014 in der allgemeinen Rentenversicherung weiterhin 18,9 Prozent.

Die Antragstellerin hat am 21. Januar 2014 beim Sozialgericht Berlin (SG) beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die Antragsgegnerin zu 1) -vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales- gegen die genannte Bekanntmachung anzuordnen. Sie hat ferner beantragt, im Wege einstweiliger Anordnung festzustellen, dass sie bis zum Inkrafttreten des am 19. Dezember 2013 im Deutschen Bundestag in erster Lesung beratenen Entwurfs eines Gesetzes zur Festsetzung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2014 -Beitragssatzgesetz 2014- (BT-Drs. 18/187), für den Beigeladenen zu 1), einen ihrer Arbeitnehmer, keine Rentenversicherungsbeiträge an die Antragsgegnerin zu 2), der zuständigen Einzugsstelle, abzuführen habe.

Das SG hat die Anträge mit Beschluss vom 5. Februar 2014 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 7. Februar 2014.

II.

Der zulässigen Beschwerde muss Erfolg versagt bleiben:

Der Antrag zu 1) ist unstatthaft:

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setzt voraus, dass es sich bei dem im Hauptsacheverfahren angegriffenen Rechtsakt um einen Verwaltungsakt handelt. Denn Anfechtungsklagen sind nur solche, die auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes gerichtet sind, vgl. § 54 Abs. 1 SGG, auch wenn das SGG keine Legaldefinition enthält wie § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Hier hat das SG im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der streitbefangenen Bekanntmachung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, auch nicht um einen in Form einer Allgemeinverfügung nach § 31 S. 2 erste Alternative Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Eine Allgemeinverfügung ist danach ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet.

Der Adressatenkreis der Bekanntmachung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales vom 19. Dezember 2013 ist offen. Er lässt sich nicht konkret bestimmen, da der Beitragssatz als Grundlage der Beitragshöhe nach § 157 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nur ein Faktor in unterschiedlichen Rechtszusammenhängen darstellt. Der Beitragssatz betrifft zudem nicht nur jeden Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern beispielsweise auch die Landwirte nach Maßgabe des § 68 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte. Sie hat auch Auswirkungen auf andere Rechtsgebiete, zum Beispiel auf die Steuerfestsetzung (vgl. § 39b Abs.2 Nr. 3 Einkommenssteuergesetz oder § 55 Abs. 2 Energiesteuergesetz). Soweit die Antragsgegnerin zu 1) noch weitere Rechtsargumente vorgebracht hat, welche ebenfalls gegen das Vorliegen eines Verwaltungsaktes sprechen, braucht auf diese nicht mehr eingegangen zu werden. Ob, wie das SG unter Anführung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Dezember 1986 (12 RK 2/85) ausgeführt hat, im Bereich des Versicherungs-und Beitragsrechts Allgemeinverfügungen generell ausscheiden, kann auch dahingestellt bleiben.

Eine Umdeutung des Antrages in einen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG scheidet angesichts des klaren Wortlauts des Antrages aus. Ob ein solcher Antrag statthaft wäre, weil in der Hauptsache eine Feststellungsklage gegen die Antragsgegnerin zu 1) als Normgeber einer untergesetzlichen Norm zulässig sein könnte, die direkt Rechte der Antragstellerin verletzt (vgl. zur Zulässigkeit Bundessozialgericht -BSG-, Urt. v. 14. Dezember 2011 -B 6 KA 29/10 R- juris-Rdnr. 20 mit weiteren Nachweisen) bzw. gegen den Erlass eines sogenannten Rechtsetzungsaktes eigener Art (vgl. zur Zulässigkeit der Feststellungsklage gegen eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung: Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Urt...

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