Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiwillige Krankenversicherung. Beitragsbemessung. Berücksichtigung bis zum Abschluss eines Widerspruchsverfahrens eingereichter Einkommensnachweise. kein Ende einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt bei Einstellen der tatsächlichen Arbeitsleistung. Entfallen des arbeitsvertraglichen Bandes. Annahmeverzug. unentschuldigtes Fernbleiben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es spricht viel dafür, dass auch im Anwendungsbereich von § 240 Abs 1 S 2, 2. Halbsatz SGB V Einkommensnachweise, die bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingereicht werden, rückwirkend zu berücksichtigen sind.

2. Maßgeblich für das Ende der Beschäftigung ist grundsätzlich nicht bereits die Einstellung der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern das kumulative Entfallen sowohl des arbeitsvertraglichen Bandes wie auch sonstiger Umstände, die im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung dessen Vollzug begründen (Anschluss an BSG vom 24.9.2008 - B 12 KR 22/07 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 9).

3. Das Ende einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ist zweifelhaft, wenn der Arbeitgeber den Versicherten nur deshalb abmeldet, weil dieser mehrere Tage unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Mai 2016 geändert. Die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 13. Februar 2016 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2014, 9. Januar 2015, 23. Januar 2015, 19. Februar 2015 und 26. Februar 2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2016, wird angeordnet, soweit darin für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 8. Februar 2016 der Beitragsberechnung höhere Einnahmen als den vierzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt wurden.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragsstellers in beiden Rechtzügen zu 2/3.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Mai 2016 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und teilweise begründet. Das Sozialgericht hat es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: S 211 KR 242/16) gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2014, 9. Januar 2015, 23. Januar 2015, 19. Februar 2015 und 26. Februar 2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2016, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang anzuordnen. Soweit die Antragsgegnerin für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 8. Februar 2016 der Beitragsberechnung höhere Einnahmen als den vierzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt hat, bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (hierzu A.). Soweit der Antragsteller darüber hinaus die aufschiebende Wirkung seiner Klage auch im Hinblick auf die verbleibenden Beitragsansprüche sowie hinsichtlich des Ruhens seiner Leistungsansprüche in der Zeit vom 23. Februar bis 25. Mai 2016 angeordnet haben will und soweit er eine einstweilige Anordnung bezüglich des von der Antragsgegnerin abgelehnten Beitragserlasses begehrt, ist die Beschwerde unbegründet (hierzu B.).

A.I. Der Antrag des Antragstellers ist in Bezug auf die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zulässig, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Beiträgen, Säumniszuschlägen und Mahngebühren durch die Bescheide vom 2. Dezember 2014, 9. Januar 2015, 23. Januar 2015, 23. Februar 2015 und 26. Februar 2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2016, richtet. Insofern hat sie - abweichend vom Regelfall des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG - gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil diese Bescheide die Beitragspflicht betreffen.

II. Dieser zulässige Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Inhalt der Begründetheitsprüfung ist eine - auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts - vorzunehmende Interessenabwägung, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel anzuordnen. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt...

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