Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Quasi-Berufskrankheit. keine neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Lendenwirbelsäulenerkrankung. Schultergelenkserkrankung. Berufsmusiker -Geigenspieler. Bratschenspieler

 

Leitsatz (amtlich)

Es liegen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass die Personengruppe der als Geigen- oder Bratschenspieler tätigen Berufsmusiker durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung der Gefahr ausgesetzt ist, an Erkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule oder der Schultereckgelenke zu leiden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Frage, ob die Erkrankungen des Klägers im Bereich der Halswirbelsäule, der Brust- und Lendenwirbelsäule, des Schulter- und Nackenbereichs sowie der Ellenbogengelenke beidseits als oder wie eine Berufskrankheit (BK) anzuerkennen sind.

Der 1951 geborene Kläger war als koordinierter 1. Konzertmeister beim S. Orchester P., S. P., beschäftigt. Seinen Beruf als Geiger übte er seit 1968 aus. Seit 1. Januar 2004 bezieht der Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die im Jahr 2005 zuerkannt worden war. Bis dahin war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Unter dem 10. Januar 2003 zeigte der Beschäftigungsbetrieb an, dass beim Kläger möglicherweise eine BK vorliege, das P., Arbeitsmedizinischer Dienst, zeigte unter dem 11. November 2002 den Verdacht des Bestehens einer BK (Epicondylopathie beidseits, AC-Gelenksarthrose rechts) an. Im Fragebogen vom November 2002 gab der Kläger an, seit etwa 1995 unter starken Schmerzen in beiden Schultern und Ellbogen zu leiden. Er legte zahlreiche Befundberichte und Arztbriefe bei.

Im Auftrag der Beklagten erstellte am 14. Oktober 2003 Prof. Dr. B., Klinikum der J.-G.-U. M., ein musikermedizinisches Fachgutachten. Als Diagnosen führte er eine AC-Gelenksarthrose mit Impingement rechts, belastungsbedingtes Rotatorensyndrom linke Schulter, cervicale Myotendopathie, Epicondylitis humeri medialis beidseits und degeneratives LWS-Syndrom auf. Jede Erkrankung einzeln gesehen, sei nicht in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) als BK bezeichnet. Aus seiner Sicht komme aber eine Entschädigung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) in Betracht. Der Kläger gehöre als Berufsgeiger zu einer Personengruppe, die bei ihrer Arbeit in erheblich höherem Maß als die übrige Bevölkerung einer besonderen Einwirkung ausgesetzt sei. Diese bestehe insbesondere in der Arbeit mit dem Instrument Geige, welche durch ihre Wirkung gegen die Schwerkraft mit einer außergewöhnlichen starken Belastung des Schultergelenks verbunden sei. Hinzu komme, dass der linke Arm und damit auch die linke Schulter bei den üblichen Techniken in die maximale Außenrotation gezwungen sei, welche praktisch bis zur aktiven Bewegungsgrenze gehe. Hierdurch komme es auch zu einer sehr starken Belastung auf die Epicondylen im Ellenbogengelenkbereich. Aufgrund der doch insgesamt geringen Zahl von Berufsgeigern sei eine epidemiologische Statistik mit signifikanten Ereignissen bezüglich der angesprochenen Krankheitskomplexe nicht verfügbar, dennoch deuteten vorhandene Feldstudien auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Entwicklung dieser Beschwerden und der Überbeanspruchung durch die berufliche Tätigkeit hin. Die Erkrankung des Klägers stehe daher mit Wahrscheinlichkeit in ursächlichem Zusammenhang mit der berufsbedingten schädigenden Einwirkung im Sinne der Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens, sicherlich seien auch degenerative Anlagen mitbeteiligt, allerdings müsse eine wesentliche Verursachung durch die berufsbezogene Tätigkeit angenommen werden. Es liege eine dauernde, richtunggebende Verschlimmerung vor. Die Tätigkeit als Geiger könne nur bei einer Reduzierung der Arbeitsbelastung auf ein Drittel weiter ausgeübt werden. Die MdE belaufe sich vom 27. November 2000 (Angaben des behandelnden Orthopäden) bis 6. Oktober 2003 (Tag vor der Untersuchung) auf 30 v.H.

Die Beklagte nahm daraufhin weitere Ermittlungen auf und zog u.a. Operationsberichte über Ganglion-Operationen rechts 1982 und 1984, das Vorerkrankungsverzeichnis bei der Krankenversicherung sowie die von Prof. Dr. B. im Gutachten erwähnten Feldstudien bei. Dieser übersandte unter dem 14. Januar 2004 Kopien verschiedener Veröffentlichungen (“Schmerzen an Schultergelenken bei Streichinstrumentalisten - Diagnostische Kriterien und Maßnahmen der Rehabilitation„, F. Danckwerth in : Musikerphysiologie und Musikermedizin 1996 S. 21 ff; “Instrumental Musicians with Upper Extremity Disorders„, Knishkowy et al. 1986; Auszüge aus dem von ihm 1995 herausgegebenen Buch “Medizinische Probleme bei Musikern„ S. 116 ff; “Die Hand des Musikers - Musikphysiologische und musikermedizinische Aspekte„; ...

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