Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Berechnung. Einkommensermittlung. Nichtberücksichtigung von Zuschlägen für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit sowie Weihnachtsgeld. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zuschläge für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit können bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens nicht berücksichtigt werden. Die Zuschläge haben nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG außer Ansatz zu bleiben, weil sie nach § 3b EStG steuerfrei sind und deshalb nicht zu den (steuerpflichtigen) Einkünften iS des § 2 Abs 1 S 1 EStG gehören.

2. Bei der Zuwendung von Weihnachtsgeld handelt es sich um einen sonstigen, nicht laufenden Bezug iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG, der gem § 2 Abs 7 S 2 BEEG nicht als Einnahme berücksichtigt werden kann.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höheres Elterngeld für den 2. bis 9. Lebensmonat ihres am … April 2008 geborenen Kindes unter Berücksichtigung von steuerfreien Anteilen ihres Einkommens (Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge).

Die am ... März 1977 geborene ledige Klägerin ist seit Oktober 2004 versicherungspflichtig als Krankenschwester bei der Berufsgenossenschaftlichen (BG) Unfallklinik T. beschäftigt. Im Zeitraum von Februar 2007 bis Januar 2008 erzielte sie ein steuerpflichtiges Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 30.423,42 € (Bescheinigung der BG Unfallklinik T. vom 29. Mai 2008). Darüber hinaus erhielt sie im Zeitraum vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 (in der Höhe jeweils unterschiedliche) Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge (im genannten Zeitraum insgesamt 919,35 €; Bl 72 bis 95 der Verwaltungsakte) sowie im November 2007 eine Zuwendung (Weihnachtsgeld) in Höhe von 1.578,73 €. Vom 20. Februar bis 13. Juni 2008 bezog sie von der BKK für Heilberufe Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 13 €. Neben ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Krankenschwester übte sie vor Geburt ihres Kindes seit September 2006 drei Stunden wöchentlich eine Nebentätigkeit im Rahmen eines eigenen Gewerbebetriebs (AMWAY Vertriebsförderung) aus. Hieraus erzielte sie jedoch keinen Gewinn. Nach ihren eigenen Angaben hat sie ihre Tätigkeit bei der BG Unfallklinik T. ab dem 19. Januar 2009 wieder aufgenommen.

Am 13. Juni 2008 beantragte die Klägerin zusammen mit dem Vater ihres Sohnes, Herrn S. G., bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld und legte hierbei den Bezugszeitraum für sich vom 1. bis 9. Lebensmonat und für den Vater vom 10. bis 14. Lebensmonat des Kindes fest. Sie gab hierbei an, Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb zu erzielen. In Ergänzung ihres Antrags legte sie die Erklärung ihres Steuerberaters vom 26. Juni 2008 zur Einkommenssteuer 2007 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb - 5.939 €; Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: 31.971 € - Bruttoarbeitslohn -) und Entgeltabrechnungen der BG Unfallklinik T. von Januar 2007 bis Januar 2008 vor. Nachdem der Vater des Kindes um dringende Auszahlung zumindest des Mindestbetrages gebeten hatte, bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. August 2008 vorläufig Elterngeld für den 2. Lebensmonat des Kindes in Höhe von 38,71 € und für den 3. bis 9. Lebensmonat in Höhe von jeweils 300 €. Da das Einkommen im maßgeblichen Zeitraum nicht ausreichend nachgewiesen werden könne, sei das Elterngeld vorläufig in Höhe des Mindestbetrags gewährt worden. Die Klägerin legte im Anschluss daran die Gewinnermittlungsübersicht für das Jahr 2007, die Bescheide des Finanzamts Bad U. vom 15. April 2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2006 (Gewerbeverlust 4.672 €), vom 8. Mai 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag, vom 27. März 2008 über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag (Bruttoarbeitslohn 31.799 €) und die Gewinnermittlungsübersicht für das Jahr 2008 (Verlust von 270 €) vor. Mit Änderungsbescheid vom 3. September 2008 gewährte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 2. Lebensmonat in Höhe von 128,13 € und für den 3. bis 8. Lebensmonat in Höhe von jeweils 993,01 €. Sie legte hierbei ein steuerpflichtiges Bruttoeinkommen in Höhe von 30.392,93 € zugrunde (durchschnittliches monatliches Einkommen 1.482,10 €). Da die Einkünfte nicht abschließend hätten ermittelt werden können, ergehe der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw nur vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens. Nach Ablauf des Bezugszeitraums sei das tatsächlich erzielte Einkommen nachzuweisen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 2. Oktober 2008 Widerspruch und machte geltend, mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei es nicht zu vereinbaren, dass die Beklagte bei der Berechnung des Einkommens die steuerfreien Entgeltbestandteile nicht berücksichtigt habe. Mo...

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