Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. selbständiger Musiklehrer. Konkurrenzregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Selbständige Musiklehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, sind nach § 2 S 1 Nr 1 SGB 6 in der Rentenversicherung solange versicherungspflichtig, solange eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht begonnen hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. März 2006 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte im Bescheid vom 29. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2005 Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die selbständige Tätigkeit als Musiklehrerin festgestellt hat.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht nur noch Streit darüber, ob die Beklagte für die selbständige Tätigkeit der Klägerin als Musiklehrerin in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis 22. Dezember 2003 Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) feststellen durfte.

Die 1943 geborene Klägerin ist seit 1995 u.a. als Musiklehrerin bei der Jugendmusikschule D. e.V. und als Lektorin selbständig tätig. Mit Schreiben vom 24. Juni 2002 übersandte der Betriebsprüfer der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg der Beklagten eine Liste der freien Mitarbeiter dieser Schule zur Überprüfung der Versicherungspflicht. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 wies die Beklagte die Klägerin auf die mögliche Versicherungspflicht als selbständige Lehrerin hin. In dem von ihr ausgefüllten Fragebogen gab sie an, sie sei als Musiklehrerin für Blockflöte (Honorarkraft) sechsmal wöchentlich tätig. Sie legte die Honorarabrechnung für 2001 vor, wonach sie Honorare zwischen 975,00 DM und 2.535,00 DM monatlich erzielte. Nach Aufforderung der Beklagten legte die Klägerin die Jahresabrechnungen von 1995 bis 2002 vor, außerdem teilte sie mit Schreiben vom 1. Oktober 2003 mit, sie sei nicht weisungsgebunden auch als Referentin, Pädagogische Leitung, Koordinatorin und Musiklehrerin für verschiedene Auftraggeber tätig, nämlich für die Naturschule F. e.V., die Jugendmusikschule D. e.V., diverse Wohlfahrtsverbände und andere.

Die Beklagte teilte der Künstlersozialkasse (KSK) am 13. Januar 2003 die selbständige Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Kunst/Publizistik mit. Aufgrund der Angaben der Klägerin im Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) stellte die KSK mit bindend gewordenem Bescheid vom 15. August 2003 fest, dass die Versicherungspflicht nach dem KSVG nicht bestehe, weil die Klägerin ihre künstlerische Tätigkeit nicht in erwerbsmäßigem Umfange ausübe. Mit weiterem Bescheid vom 13. Mai 2004 stellte die KSK auf einen Antrag der Klägerin vom 17. Dezember 2003 auf Änderung des Bescheids vom 15. August 2003 fest, dass ab 23. Dezember 2003 in der Rentenversicherung Versicherungspflicht nach § 1 KSVG bestehe und erhob von der Klägerin Beiträge für die Zeit vom 23. Dezember 2003 auf der Grundlage eines beitragspflichtigen Einkommens in Höhe von 215,-- € sowie vom 1. Januar 2004 bis zum 30. April 2004 auf der Grundlage eines beitragspflichtigen Einkommens in Höhe von 3.000,-- € Beiträge; in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe Versicherungspflicht mit Anspruch auf einen Beitragszuschuss.

Durch zwei Bescheide vom 29. Juli 2004 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB VI vom 1. Januar 1995 bis 22. Dezember 2002 sowie die Verjährung der Beitragsforderungen vom 1. Januar 1995 bis 30. November 1997 fest. Die Beiträge ab 1. Dezember 1997 seien noch nicht verjährt und daher zu zahlen. Für die Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 22. Dezember 2003 wurden Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 14.691,88 € gefordert, wobei jeweils das gesamte zu versteuernde Einkommen zugrunde gelegt wurde. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, es greife zum einen ein Verjährungstatbestand, außerdem könnten die Beiträge nicht verlangt werden; auch die Beitragshöhe sei nicht nachvollziehbar. Mit Bescheid vom 28. September 2004 wurden Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1997 bis zum 31. August 2004 einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 20.870,67 € gefordert. Auch dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2005 wurden die Widersprüche zurückgewiesen, wobei die Beklagte in der Begründung die Auffassung vertrat, dass Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die selbständigen Tätigkeiten einer Honorarkraft, Musiklehrerin und Lektorin bestehe und eine Befreiung nicht zu prüfen gewesen sei.

Am 15. April 2005 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat ...

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