Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Arbeitslosengeldbezieher. Höhe des Krankengeldes. Änderung ex tunc. Rückwirkende Erhöhung des Arbeitslosengeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten nach § 47b Abs 1 S 1 SGB V Krankengeld in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes, den sie zuletzt bezogen haben. Erhöht sich der Betrag des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes nachträglich, weil die Bundesagentur für Arbeit einem Antrag des Versicherten gemäß § 44 SGB X stattgegeben hat, führt dies auch zu einem höheren Krankengeldanspruch des Versicherten. War das Krankengeld des Versicherten bereits bestandskräftig festgestellt, ist es auf der Grundlage von § 44 SGB X neu festzusetzen.

 

Normenkette

SGB V § 47b Abs. 1 Sätze 1-2, § 5 Abs. 1 Nr. 2; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 08.02.2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wege des Zugunstenverfahrens über die Höhe des dem Kläger zustehenden Krankengelds (Krg) in den Zeiträumen 13.05. bis 01.06.2014 und 30.12.2014 bis 25.09.2015.

Der 1954 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, zuletzt vor den streitigen Zeiträumen aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld. Dieses wurde dem Kläger für die Zeit vom 01.04. bis 12.05.2014 und 02.06. bis 29.12.2014 iHv zunächst 63,26 € kalendertäglich bewilligt. Auf der Grundlage dieses Leistungssatzes bezog der Kläger Krg für den Zeitraum 13.05. bis 01.06.2014 (Bescheid vom 18.06.2014) und 30.12.2014 bis 25.09.2015 (vgl Hinweisschreiben vom 14.01.2015).

Am 25.05.2016 beantragte der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit die Überprüfung der Bewilligungsentscheidungen auf der Grundlage der Härtefallregelung des § 150 Abs 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Mit Änderungsbescheiden vom 01.06.2016 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit für die Zeiträume 01.04. bis 12.05.2014 und 02.06. bis 29.12.2014 Arbeitslosengeld iHv täglich 71,78 € auf der Grundlage eines nach der Härtefallregelung erhöhten Leistungssatzes.

Unter Vorlage der Änderungsbescheide der Bundesagentur für Arbeit bat der Kläger die Beklagte um Neuberechnung des Krg wegen der veränderten Berechnungsgrundlage. Mit Bescheid vom 20.06.2016 lehnte die Beklagte dies ab. Nach § 47b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) werde Krg in der Höhe gezahlt, wie es vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als Arbeitslosengeld bezogen worden sei. Veränderungen, die sich im Zuge des Krg-Anspruchs ergäben, regele § 150 Abs 2 SGB III. Solche Veränderungen könnten zB Geburt eines Kindes oder Änderung der Steuerklasse sein. Hier sei die Neuberechnung nach § 150 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB III erfolgt mit Beginn des Arbeitslosengeldbezugs. Die Neuberechnung sei daher nicht aufgrund einer Veränderung während des Krg-Bezugs erfolgt, so dass eine Neuberechnung des Krg nicht erfolgen könne.

Mit seinem Widerspruch vom 28.06.2016 forderte der Kläger erneut, die Krg-Leistungen an die neuen geänderten Arbeitslosengeldbescheide anzupassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend führte sie aus, in § 47b Abs 2 SGB V sei ausdrücklich geregelt, dass die Neuberechnung nur für solche Sachverhalte gelte, die sich während des Bezugs von Krg änderten. Auf die nachträgliche Anpassung des Arbeitslosengelds sei die Bestimmung des § 47b Abs 2 SGB V nicht anwendbar. Für die Berechnung sei jeweils der letzte Zahlbetrag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen, hier daher 63,26 €.

Hiergegen richtet sich die am 25.08.2016 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Der Kläger ist der Auffassung, die Regelung des § 47b Abs 2 SGB V müsse auch dann anwendbar sein, wenn außerhalb des Zeitraums des Krg-Bezugs eine rückwirkende Änderung der Arbeitslosenbewilligung, die unmittelbar dem Krg-Bezug vorausgegangen sei, vorliege. Darüber hinaus sei die Krg-Bewilligung ein Dauerverwaltungsakt, der nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einer geänderten Sachlage anzupassen sei, wenn die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolge.

Mit Urteil vom 08.02.2017 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.06.2016 sowie des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2016 und Änderung der Bescheide vom 18.06.2014 sowie 14.01.2015 verurteilt, dem Kläger Krg auf der Grundlage eines täglichen Leistungsanspruchs auf Arbeitslosengeld vor dem Krg-Bezug iHv 71,78 € täglich für den Zeitraum 13.05. bis 01.06.2014 und 30.12.2014 bis 25.09.2015 zu zahlen. Der dem Grunde nach unstreitige Anspruch auf Krg bestehe auf der Grundlage des zuletzt bezogenen Arbeitslosengelds von 71,78 € täglich. Zwar seien dem Kläger unmittelbar vor der Gewährung von Krg Leistungen der Bundesagentur für Arbeit lediglich auf der Grundlage eines täglichen Leistungssatzes von 63,26 € gewährt und ausgezahlt worden. Mit rückwirkender Änder...

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