Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. Bestimmtheit. Sozialwidrigkeit. Betriebsrat. Zustimmung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn der (dreiköpfige) Betriebsrat wegen Rücktritts zweier Mitglieder handlungsunfähig ist, bedarf eine (Änderungs-)Kündigung gegenüber dem verbliebenen Betriebsratsmitglied der Zustimmung des Betriebsrats bzw. der Ersetzung durch das Arbeitsgericht.

 

Normenkette

KSchG §§ 1-2; BetrVG § 103

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen 1 Ca 120 d/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 14.7.2004 – 1 Ca 120 d/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgerechten Änderungskündigung.

Der Kläger ist am ….1951 geboren. Von Beruf ist er Dreher. Bei der Beklagten wurde er mit Wirkung vom 1.12.1966 eingestellt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zwischen den Parteien nicht abgeschlossen. Die Vergütung betrug zuletzt 2300 EUR brutto. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden.

Der Kläger ist in der Betriebsratswahl vom 18.4.2002 zum Mitglied des aus drei Personen bestehenden Betriebsrates gewählt worden. Die anderen beiden Betriebsratsmitglieder sind inzwischen zurückgetreten. Ersatzmitglieder sind nicht vorhanden. Eine Betriebsratsneuwahl misslang.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 7.1.2004 (Bl. 5 d.A.) eine Änderungskündigung ausgesprochen, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat (Bl. 6 d.A.). Am 16.1.2004 hat der Kläger die Änderungskündigung durch Klage angegriffen und dabei unter anderem gerügt, der Betriebsrat habe nicht zugestimmt.

Mit Urteil vom 14.7.2004, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 7.1.2004 unwirksam ist.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie vorträgt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Änderungskündigung hinreichend bestimmt. Dem Kläger sei durch die Beklagte mündlich bekannt gegeben worden, dass er die ihm seinerzeit übertragenen Tätigkeiten mit einem verkürzten Einkommen weiter ausführen solle. Die frühere Tätigkeit des Klägers im Bereich Brenntechnik sei nicht mehr vorhanden. Der Kläger habe daher jetzt einfachere Arbeiten auszuführen, für die eine besondere Qualifikation nicht erforderlich sei. Zwar könne ein Außenstehender aus dem Kündigungsschreiben den Eindruck gewinnen, der Kläger sei auf Vermutungen angewiesen. Dies sei aber nicht der Fall. Der Kläger wisse, welche Tätigkeiten er ausführen solle, da er sie täglich erbringe.

Tatsächlich erstrebt die Beklagte nicht eine Änderungskündigung, sondern eine Umgruppierung. Denn es werde eine tätigkeitsgerechte Vergütung angestrebt.

Der Kläger könne sich nicht auf seine Mitgliedschaft im Betriebsrat berufen. Der Betriebsrat sei aufgelöst.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 14.7.2004 – 1 Ca 120 d/04 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, die Beklagte habe eine Änderungskündigung ausgesprochen und müsse sich hieran fest halten lassen. Wenn Sie jetzt behaupte, das Schreiben stelle lediglich die Mitteilung einer Umgruppierung dar, könne ihn das nur verwundern. Dann möge die Beklagte die Berufung zurücknehmen. Dass der Betriebsrat nicht mehr handlungsfähig sei, sei nicht dem Kläger zuzurechnen. Der Versuch einer Neuwahl sei gescheitert.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zwar zulässig, hat jedoch nicht Erfolg.

1. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Kündigung schon deshalb unwirksam, weil sie nicht hinreichend bestimmt ist. Dem Kündigungsschreiben kann nicht entnommen werden, welches Ziel die Änderungskündigung hat. Aus der Änderungskündigung ergibt sich lediglich, dass die Beklagte der Meinung ist, im bisherigen Tätigkeitsbereich des Klägers sei nicht mehr ausreichend zu tun. Worum es sich bei der nach Darstellung der Beklagten „zu findenden” anders gearteten Arbeit handeln soll, ist nicht ersichtlich. Auch ergibt sich nicht aus der Änderungskündigung, welche Vergütung der Kläger künftig konkret erhalten soll.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte widersprüchlich vorträgt. Schon deshalb bestehen Zweifel, ob die Beklagte selbst eine Vorstellung von der beabsichtigten künftigen Beschäftigung des Klägers hat. In der Berufungsverhandlung hat sie behauptet, sie habe keine Arbeit für den Kläger und wisse nicht, wie sie ihn einsetzen solle. Jedenfalls könne sie ihn nicht entsprechend seiner Qualifikation beschäftigen. Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens will sie ihn entsprechend seiner Fa...

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