Entscheidungsstichwort (Thema)

Stellenausschreibung. Behinderung. Entschädigung. Schadensersatz. AGG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Stellenausschreibung, die für eine Stelle als Kfz-Mechaniker im Kleinbetrieb die Eigenschaften „flexibel und belastbar” aufführt, stellt noch kein Indiz dafür dar, dass behinderten Bewerbern Nachteile drohen würden.

2. Die glaubwürdige Einlassung des vernommenen Unternehmers, der behinderte Bewerber sei ihm deswegen als weniger geeignet erschienen, weil er die gesuchte Tätigkeit bisher nur ausgeübt habe, wenn „Not am Mann” gewesen sei (so wörtlich im Bewerbungsschreiben), steht einem Entschädigungsanspruch entgegen.

 

Normenkette

AGG § 15 Abs. 2, § 22

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 04.09.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2484/07)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 04.09.2007, Az. 4 Ca 2484/07, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung eines Arbeitgebers zur Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung eines Bewerbers wegen dessen Behinderung.

Der Beklagte, der eine Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstatt mit Kfz-Handel mit in der Regel fünf Arbeitnehmern betreibt, schaltete unter dem 04.12.2006 auf dem Online-Markt eine Stellenanzeige mit folgendem Inhalt (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 7 f. d.A.):

„Stellenangebot vom 04.12.2006

Kraftfahrzeugmechaniker/in – Personenkraftwageninstandhalt.

gesucht von …

Berufsgruppe

Kraftfahrzeugmechaniker/in – Personenenkraftwageninstandhalt.

Betriebart: Instandhaltung und Reparatur

Beschreibung

Moderne, freie Kfz-Reparatur-Werkstätte sucht eine/n flexible/n und belastbare/n Mechaniker/in. Die wichtigsten Anforderungen: 1) Berufserfahrung – Fähigkeit zu selbständigem Arbeiten 2) Kenntnisse in Kfz-Elektrik und Elektronik 3) sehr gute Kfz-Reparatur-Werkstätte sucht eine/n flexible/n und belastbare/n Kfz-Mech. Die wichtigsten Anforderungen: 1) Berufserfahrung – Fähigkeit zu selbständigem 2) Kenntnisse in Kfz-Elektrik und Elektronik 3) sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift”

Der Kläger bewarb sich unter dem 06.12.2006 mit folgendem Schreiben (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 9 d.A.):

„durch Ihre Anzeige bei „1a-stellenmarkt.de” habe ich erfahren, dass sie Verstärkung im Servicebereich suchen. Diese Tätigkeit und mehr leistete ich schon seit vielen Jahren.

Zurzeit bin ich arbeitslos. Mein Tätigkeitsfeld umfasste in der Vergangenheit mehrere Positionen in einem Autohaus. Ich war zuletzt Leiter der Service-Abteilung der Marken C. und D., Leiter der T&Z Abteilung, und ebenfalls Leiter und Sachbearbeiter des Garantie-Managements beider Marken. Natürlich habe ich, wenn Not am Mann war auch praktisch in der Werkstatt gearbeitet.

Meine freundliche und umgängliche Art kommt im Allgemeinen gut an.

Ich möchte Sie im Vorfeld der Fairness halber darauf hinweisen, dass ich eine anerkannte Behinderung von 30% habe. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine Arbeitstätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker.

Es wäre für mich kein Problem, zur Aufnahme der Tätigkeit in Ihrem Hause, zeitnah einen Umzug in Ihre Region vorzunehmen. …”

Der Kläger fragte unter dem 31.01.2007 nach dem Stand seiner Bewerbung nach. Daraufhin erhielt er ein auf 09.02.2007 datiertes Ablehnungsschreiben mit, soweit vorliegend von Interesse, folgendem Inhalt (ebenda, Bl. 10 d.A.):

„Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass ich mich für einen Mitbewerber entschieden habe. Diese Entscheidung war, bei der Vielzahl an Bewerbungen, nicht leicht für mich und liegt nicht in Ihrer Person oder Qualifikation begründet.”

Mit seiner am 05.04.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage selben Datums hat der Kläger Anspruch auf angemessenen Schadensersatz geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, aus den Umständen ergebe sich, dass er die Stelle lediglich wegen seiner Behinderung nicht erhalten habe. Der Beklagte habe mit der Stellenanzeige einen flexiblen und belastbaren Mitarbeiter gesucht. Wenn er aber gerade auf diese Eigenschaften Wert lege, sei davon auszugehen, dass er diese Eigenschaft Schwerbehinderten gerade nicht zutraue. Die Attribute ständen offensichtlich im Widerspruch zu seiner Behinderung. Die sich bereits aus der Annonce ergebende Vermutung werde noch dadurch verstärkt, dass er als Kfz-Meister mit langjähriger Berufserfahrung für die ausgeschriebene Stelle bestens qualifiziert sei. Außerdem führe der Beklagte in der Absage selbst aus, dass die Entscheidung, einen anderen Bewerber anzustellen, nichts mit seiner – des Klägers – Person oder Qualifikation zu tun habe. Wenn aber diese Momente keine Rolle gespielt hätten, müsse letztendlich die Behinderung den Ausschlag für die Nichtberücksichtigung gespielt haben. Hinsichtlich der Schadenshöhe werde davon ausgegangen, dass die Stelle mindestens mit einem Bruttolohn von 1.500,– EUR dotiert gewesen wäre. Es sei mindestens ein sechsfaches Monatsgehalt als Entschädigung gerechtfertigt, zumal nach der Rechtsprechung des...

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