Entscheidungsstichwort (Thema)

Heimarbeit. Minderbeträge. Partei- und Prozessfähigkeit einer gelöschten GmbH & Co. Rechtsmissbrauch durch Zustimmungsverweigerung zur Parteierweiterung. Minderbeiträge in der Heimarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verweigerung der Zustimmung zur Parteierweiterung auf Beklagtenseite im Berufungsrechtszug ist im Streitfall rechtsmissbräuchlich.

2. Partei- und Prozessfähigkeit nach Löschung der beklagten GmbH & Co. KG im Handelsregister.

3. Zahlung von Minderbeträgen an den Heimarbeitern gemäß § 1 Abs. 2 HAG gleichgestellte Personen.

 

Normenkette

ZPO §§ 50-51; HAG § 1 Abs. 2, §§ 19-20, 25; EFZG §§ 10-11

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 19.08.2010; Aktenzeichen 6 Ca 8875/09)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung des klagenden Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.08.2010 - 6 Ca 8875/09 - teilweise abgeändert:

    Die Beklagte und die Berufungsbeklagte zu 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an Frau S , in L , 2.358,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2009 zu zahlen.

  • 2.

    Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen das klagende Land zu 51 % und die Beklagte zu 49 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen das klagende Land zu 51 % und die Beklagte und die Berufungsbeklagte zu 2) gesamtschuldnerisch zu 49 %.

  • 3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das klagende Land nimmt die Berufungsbeklagten, bei denen es sich um im Adresshandel tätige Unternehmen handelt, nach § 25 HAG auf Nachzahlung von Minderbeträgen an Frau S in Anspruch.

Bei der Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1) (im Folgenden: Beklagte) handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, die am 21.11.2011 im Handelsregister gelöscht worden ist. Bei der Berufungsbeklagten zu 2) handelt es sich um die Komplementär-GmbH der Beklagten. Frau S wurde von der Beklagten in der Zeit von April 2006 bis August 2008 mit der Erledigung von Schreibarbeiten beauftragt. Sie hat ein Gewerbe in Form eines Schreibbüros angemeldet und die Tätigkeiten von zu Hause aus verrichtet. Den jeweils von ihr in Rechnung gestellten Betrag zuzüglich Mehrwertsteuer erhielt sie von der Beklagten vergütet. In ihrem damaligen Internetauftritt hatte Frau S neben dem Adressenschreiben weitere Dienstleistungen unter Verwendung der "Wir-Form" angeboten.

Nach der "Bekanntmachung einer Gleichstellung betreffend Adressenschreiben, Schreibarbeiten und ähnliche Arbeiten vom 05.12.1991 in der Fassung vom 07.12.1993", die auf Grundlage von § 1 Abs. 2a und Abs. 4 HAG erlassen wurde, gelten als den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt solche Personen, die ein Gewerbe angemeldet haben (Schreibbüro) und ohne Heimarbeiter oder fremde Hilfskräfte das Schreiben von Adressen, Versicherungspolicen usw., Schreib- und Abschreibarbeiten, Korrekturlesen sowie Datenerfassung auf Datenträgern und ähnliche Bürohilfsarbeiten für Personenvereinigungen oder Körperschaften des privaten Rechts in Heimarbeit ausführen.

Nach den §§ 19, 20 HAG sind die Entgelte für Heimarbeit in der Regel als Stückentgelte, und zwar möglichst auf der Grundlage von Stückzeiten, zu regeln. Ist dies nicht möglich, sind Zeitentgelte festzusetzen, die der Stückentgeltberechnung im Einzelfall zugrunde gelegt werden können. Die Entgeltfestsetzung ist im Einzelnen geregelt in der "Bekanntmachung einer bindenden Festsetzung von Entgelten und sonstigen Vertragsbedingungen für Adressenschreiben, Abschreibarbeiten und ähnliche Arbeiten in Heimarbeit vom 17.04.2002" (im Folgenden: "bindende Festsetzung"), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 16.09.2008.

Mit der beim Arbeitsgericht Köln erhobenen Klage hat das Land von der Beklagten die sich unter Berücksichtigung der "bindenden Festsetzung" ergebenden Minderbeträge für die von Frau S im Zeitraum April 2006 bis August 2008 geleisteten Arbeiten verlangt und diese zuletzt mit 4.342,23 € beziffert. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen zu den erbrachten Arbeiten und der Berechnung der Forderung wird auf den Schriftsatz des klagenden Landes vom 09.12.2009, Seite 11 - 38, verwiesen. Das klagende Land hat behauptet, Frau S habe ihr Schreibbüro alleine als Einzelperson betrieben. Ihr damaliger Internetauftritt habe nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen, sondern sei lediglich als Werbemaßnahme anzusehen gewesen. Die Forderung der Minderbeträge sei nicht treuwidrig gemäß § 242 BGB. Die Beklagte habe sich erkundigen müssen, ob Frau S den Status einer gleichgestellten Heimarbeiterin hat.

Das klagende Land hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an Frau S in L den Betrag vom 4.583,19 € nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, Frau S werde von der Gruppengleichstellung nicht erfasst. Der Internetauftritt von Frau S spreche dagegen, dass sie ohne Hilfskräfte gearbeitet hat. Darüber hinaus hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Geltendmachung der Ansprüche sei jedenfalls treuwidrig, da Frau S aufgrund der Darstellung im Internet ...

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