Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 03.09.1996; Aktenzeichen 3 Ca 706/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.09.1996 – 3 Ca 706/96 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob es sich bei der Veranstaltung mit dem Titel „Selbsthilfeprojekt, Umweltschutz und Entwicklungszusammenarbeit in Brasilien am Beispiel der Region Rio de Janeiro” um politische Weiterbildung im Sinne des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (i.F. AWbG) gehandelt hat.
Der Kläger ist seit dem 02.01.1991 bei der Beklagten beschäftigt und war zuletzt als technischer Angestellter über Tage in H… tätig. Mit Datum vom 08.06.1995 richtete er folgendes Schreiben an die Beklagte:
„Sehr geehrter Herr J….,
Aus den beigefügten Unterlagen können Sie ersehen, daß ich an einer Bildungsveranstaltung
„Selbsthilfeprojekte und Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel der Region Rio de Janeiro”
teilnehmen werde. Es handelt sich um ein Seminar, welches vom Verein für politische Bildung und Information Bonn e.V. angeboten wird.
Ich beantrage für die Zeit vom 09.09.1995 – 18.09.1995 Bildungsurlaub 1994 und 1995 nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz. 1994 stellte ich den Antrag, den Bildungsurlaub in das Jahr 1995 zu übertragen.
Mit freundlichem Glückauf”
Die Beklagte lehnte die Freistellung des Klägers mit Schreiben vom 08.08.1995 (Blatt 10 der Akte) ab. In der Folge verhandelten die Parteien außergerichtlich über die Freistellung des Klägers zum Besuch der genannten Veranstaltung. Mit Datum vom 06.09.1995 teilte die Beklagte den Prozeßbevollmächtigten des Klägers folgendes mit:
„Ablehnung des Weiterbildungsurlaubsanspruchs der Mitarbeiter V….. K….. und T… K…..
Sehr geehrter Herr E….,
unter Bezugnahme auf das am 04.09.1995 geführte Telefonat weisen wir nochmals darauf hin, daß unsererseits die Gewährung des beantragten Weiterbildungsurlaubs abgelehnt wird. Wir stellen den Mitarbeitern jedoch frei, unter Inanspruchnahme von Tarifurlaub bzw. Freischichten an der Reise teilzunehmen.
Gleichzeitig bestätigen wir, daß im Falle einer positiven rechtskräftigen Entscheidung eine Nachgewährung bzw. Nachverrechnung erfolgt.
Mit freundlichem Glückauf
R…. B… AG”
Im Termin vom 18.04.1997 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, sie hätten vereinbart, daß die Beklagte die Vergütung für die Zeit vom 10.09. bis zum 15.09.1995 zahlen werde, falls rechtskräftig festgestellt werde, daß es sich bei der streitbefangenen Veranstaltung um eine zulässige Maßnahme nach dem AWbG gehandelt habe.
Die Programmtage vom 10.09. bis 15.09.1995 der Veranstaltung, an der der Kläger teilgenommen hat, waren durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen als Bildungsveranstaltung gemäß § 9 d AWbG genehmigt worden. Wegen des Genehmigungsschreibens vom 27.07.1995 wird auf Blatt 11 der Akte Bezug genommen. Hinsichtlich der Ausschreibung der Veranstaltung wird auf Blatt 25 bis 28 der Akte und wegen der Reisebedingungen und Informationen des Veranstalters sowie des Seminarprogramms auf Blatt 94 bis 98 der Akte verwiesen.
Mit vorliegender Klage, die am 21.02.1996 beim Arbeitsgericht Herne einging, will der Kläger festgestellt wissen, daß ihm für die Zeit der Teilnahme an der genannten Veranstaltung bezahlter Weiterbildungsurlaub nach dem AWbG zustand. Zur Begründung seines Begehrens hat er vorgetragen, die streitige Veranstaltung habe der politischen Weiterbildung im Sinne des AWbG gedient. Im übrigen habe die Beklagte bei der Ablehnung des geltend gemachten Freistellungsanspruchs gegen § 5 Abs. 2 AWbG verstoßen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß ihm für die Zeit vom 10.09. bis 15.09.1995 bezahlter Weiterbildungsurlaub für eine Bildungsveranstaltung „Selbsthilfeprojekte, Umweltschutz und Entwicklungszusammenarbeit in Brasilien am Beispiel der Region Rio de Janeiro” des Vereins für politische Bildung und Information Bonn e.V. zustand.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dem Kläger habe kein Anspruch auf bezahlte Freistellung für den genannten Zeitraum zugestanden. Denn die streitige Maßnahme habe weder der beruflichen noch der politischen Weiterbildung im Sinne des AWbG gedient. Vielmehr habe es sich um eine Studienreise gehandelt, die im wesentlichen urlaubsähnlichen Charakter gehabt habe. Aus der Informationsbroschüre des Veranstalters werde deutlich, daß es in erster Linie nicht um die Vermittlung beruflicher oder politischer Gesichtspunkte im Sinne des AWbG gegangen sei. Vielmehr habe es sich um eine allgemeinbildene Reise gehandelt. Dies werde durch die Programmpunkte bestätigt, die der Ausschreibung der Veranstaltung zu entnehmen seien. Insbesondere falle auf, daß im wesentlichen sogenannte Sehenswürdigkeiten (Nationalparks, Fahrt auf den Zuckerhut etc.) die Veranstaltung prägten. Das vom Kläger zusätzlich eingereichte „Unterrichtsprogramm” könne insofern nur als Anreicherung der vom Grunde her als Urlaubsrei...