Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldanerkenntnis, außergerichtlicher Vergleich, Schadensschätzung, Benzindiebstahl, Sittenwidrigkeit, Anfechtung, rechtswidrige Drohung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, bei Straftaten eines Arbeitnehmers sich die Wiedergutmachung des Schadens durch Beschaffung eines Schuldanerkenntnisses zu erleichtern.

Wenn für ein Schuldanerkenntnis die Berechnung des vom Arbeitnehmer verursachten Schadens mangels Berechenbarkeit der genauen Höhe im Wege der Hochrechnung bzw. der Schadensschätzung erfolgt, muss sichergestellt sein, dass die Hochrechnung bzw. die Schätzung auf hinreichend abgesicherter Grundlage beruht. Es dürfen in die Schadensschätzung keine Schadenspositionen aufgenommen werden, die nicht durch die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Tat verursacht sein können.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 13.03.2001; Aktenzeichen 3 Ca 1460/00 O)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 13.03.2001 – 3 Ca 1460/00 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 35.12.13xx geborene, verheiratete Beklagte trat Anfang 1993 in den Betrieb der Klägerin als Lkw-Fahrer ein. Sein Bruttostundenlohn betrug zuletzt 23,73 DM.

Die Klägerin unterhält eine werkseigene Tankstelle auf ihrem Betriebsgelände. Hier werden die Firmen-Lkw's betankt. Jeder Arbeitnehmer hat auch eine eigene Tankabrechnungsnummer, die ihn berechtigt, an der betrieblichen Tankstelle für private Zwecke Benzin zu tanken. Der private Kauf von Benzin wird mit den Lohnabrechnungen abgerechnet.

In der Nacht vom 26. auf den 27.09.2000 wurde der Beklagte von einem Kollegen dabei beobachtet, wie er einen größeren etwa 25 Liter fassenden Reservekanister aus seinem Privat-Pkw nahm und diesen anlässlich des Betankens seines Firmen-Lkw's ebenfalls füllte und sodann in seinen Pkw verbrachte.

Am Montag, den 02.10.2000 gegen 18.00 Uhr rief der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Professor D4. M4xxx, bei dem Beklagten an und konfrontierte ihn mit diesem Sachverhalt. Der Beklagte räumte den Sachverhalt ein. Es wurde sodann ein Gesprächstermin für Mittwoch, den 04.10.2000 um 8.00 Uhr in den Räumlichkeiten der Klägerin vereinbart. An dem Gespräch nahmen neben dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin deren Vorstandsmitglieder W3xxxxxx und P2xxxx sowie der Beklagte teil. Im Zuge dieses Gesprächs trafen die Parteien zwei schriftliche Vereinbarungen. Sie verständigten sich zunächst im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufhebungsvereinbarung (Bl. 31 d.A.) verwiesen, in der u.a. Folgendes vereinbart wurde:

„§ 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die R1xxxxxxxx-W1xxxxxxxxxxxxxxxxx P1xxxxxxx-B3xxxxx L1xx eG und Herr H1xxxxx sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aus betrieblichen Gründen sein Ende findet.

§ 2 Abrechnung des Arbeitsverhältnisses

Bis zur Beendigung wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet. Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass Herr H1xxxxx keine Überstunden geleistet hat, die noch zu vergüten sind.

Mit Abschluss dieses Vergleichs sind sämtliche etwaigen Ansprüche des Herrn H1xxxxx gegen die R1xxxxxxxx-W1xxxxxxxxxxxxxxxxx P1xxxxxxx-B3xxxxx L1xx eG erledigt, gleich ob bekannt oder unbekannt.

Herr H1xxxxx wurde bei Abschluss dieses Vergleichs darüber informiert, dass mit dem Abschluss dieses Aufhebungsvertrages sozialversicherungsrechtliche Nachteile bei dem Bezug von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit verbunden sein können.”

Weiter schlossen die Parteien folgende Vereinbarung:

„Vereinbarung

zwischen

der R1xxxxxxxx-W1xxxxxxxxxxxxxxxxx P1xxxxxxx-B3xxxxx L1xx e1., R4xxxxxxxxxxxxxx 11, 32xxx P1xxxxxxx, vertreten durch den Vorstand,

und

Herrn D1xxxx H1xxxxx, G1xxxxxxxxxx 61, 31xxx M1xxxxxx.

R1xxxxxxxx-W1xxxxxxxxxxxxxxxxx P1xxxxxxx-B3xxxxx L1xx eG und Herr H1xxxxx sind sich darüber einig, dass Herr H1xxxxx der R1xxxxxxxx-W1xxxxxxxxxxxxxxxxx P1xxxxxxx-B3xxxxx L1xx eG einen Schadensersatzbetrag in Höhe von DM 10.000,– schuldet. Dieser Betrag ist sofort fällig und für den Fall der nicht rechtzeitigen Zahlung mit 10,5 % zu verzinsen.”

In dem Gespräch am 04.10.2000 räumte der Beklagte weitere Vermögensdelikte zum Nachteil der Klägerin nicht ein. Er erklärte allerdings, dass die Klägerin gar nicht wisse, in welchem Umfang tatsächlich gestohlen werde.

Der Beklagte leistete keine Zahlung auf das Schuldanerkenntnis. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.11.2000 ließ er die Vereinbarung über den Schadensersatz anfechten (Bl. 8 ff d.A.).

Mit ihrer am 05.12.2000 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Erstattung des Schadensersatzbetrags.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Ein Anfechtungsgrund liege nicht vor. Die Vereinbarung sei auch nicht sittenwidrig. Bei dem Gespräch sei von ihr im Wege der Hoc...

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