Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Verhandlung. Scheitern. Meinungsverschiedenheit. Zuständigkeit. offensichtliche Unzuständigkeit. Interessenausgleich. Sozialplan. Vorsitzender. Person. Beisitzer. Anzahl

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens nach § 98 ArbGG ist nicht erforderlich, dass Verhandlungen gescheitert sind. Es reicht es aus, dass Arbeitgeber und Betriebsrat wissen, was Gegenstand der Verhandlungen ist. Es liegt dann in der Hand jeder Seite, frei zu entscheiden, in welchem Stadium der Verhandlungen sie die Einrichtung der Einigungsstelle für notwendig erachtet.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG §§ 74, 76, 111-112, 112a

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 21.12.2007; Aktenzeichen 1 BV 33/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 21.12.2007 – 1 BV 33/07 – teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:

Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über einen Interessenausgleich im Zusammenhang mit dem „Personalabbau PVG” wird der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Peter Schmidt bestellt.

Die Zahl der Beisitzer wird auf je zwei festgesetzt.

Die Beschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung und Besetzung einer Einigungsstelle im Zuge einer geplanten Betriebsänderung.

Die antragstellende Arbeitgeberin stellt im Werk S1 Staubsaugerbeutel her. Es sind dort derzeit (noch) 93 bzw. 94 Mitarbeiter tätig.

Am 20.09.2006 kam es zwischen der Arbeitgeberin und dem für das Werk S1 gebildeten Betriebsrat zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Es wurde unter anderem der Abbau von über 70 Arbeitsplätzen vereinbart.

§ 4. 9. des Interessenausgleichs lautet:

Die Zahl der verbleibenden Arbeitsplätze … steht allerdings unter dem Vorbehalt einer Volumenannahme absehbar in 2007 von 80 Mio. Beuteln im MPVV-Bereich. Sollte sich diese Annahme nicht erfüllen, sind weitere Arbeitsplätze gefährdet. Soweit ein weiterer Personalabbau in der Größenordnung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG bis zum 31.12.2007 damit verbunden ist, bedarf die Maßnahme der erneuten Beteiligung des Betriebsrates. Soweit der weitere Personalabbau nicht in der Größenordnung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG erfolgt, werden die bis zum 31.12.2007 durch einen Kündigungsausspruch betroffenen Arbeitnehmer nach den Regelungen des Sozialplans vom 20.09.2006 behandelt.

Wegen des weiteren Inhalts des Interessenausgleichs wird verwiesen auf die mit Betriebsratsschriftsatz vom 20.11.2007 eingereichte Kopie (Bl. 69 ff. d. A.).

Im Laufe des Jahres 2007 zeichnete sich ab, dass statt der angenommenen 80 Millionen Beutel im MPVV-Bereich „nur” von 57,5 Millionen Vliesbeuteln in der Eigenfertigung auszugehen war. Daraufhin teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat am 27.09.2007 mit, weitere 17,5 Vollzeitarbeitsplätze mit 18 betroffenen Arbeitnehmern abzubauen (Bl. 8 d. A.). In der Folgezeit wurde dem Betriebsrat eine vom 16.10.2007 datierende Erläuterung zum „Personalabbau PVG” vorgelegt (Bl. 88 f. d. A.). Am 18.10. sowie 5. und 14.11.2007 kam es zu Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien, in deren Verlauf der Betriebsrat eine Gegenrechnung zum Personalabbau vorlegte (Bl. 62 f. d. A.).

Mit Schreiben vom 20.11.2007 teilte dann der Betriebsrat der Arbeitgeberin den Beschluss mit, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen, weil die arbeitgeberseits vorgelegten Berechnungen nicht nachvollziehbar seien.

Dies lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 22.11.2007 ab und erklärte die Verhandlungen für gescheitert.

In dem vorliegend mit Schriftsatz vom 26.11.2007 eingeleiteten Verfahren begehrt die Arbeitgeberin die Einrichtung einer Einigungsstelle zum Versuch eines Interessenausgleichs.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien seien gescheitert. Die deshalb zu errichtende Einigungsstelle sei allerdings nicht für die Aufstellung eines Sozialplans zuständig, weil die Mindestquote des § 112a BetrVG in Höhe von 20% nicht erreicht werde.

Als Vorsitzender der Einigungsstelle sei der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Schmidt schon deshalb besonders geeignet, weil er auch im Jahre 2006 die Einigungsstelle geleitet habe. Sachgerecht sei es, zwei Beisitzer auf jeder Seite zu berufen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1) den Richter am Landesarbeitsgericht Herrn Peter Schmidt zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich anlässlich beabsichtigter Entlassung von Arbeitnehmern zu bestellen.

2) die Zahl der von jeder zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen, hilfsweise

1) Herrn Hans-Dieter Krasshöfer, Richter am Bundesarbeitsgericht, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Interessenausgleich und Sozialplan anlässlich des bei der Antragstellerin geplanten Personalabbaus zu bestellen un...

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