Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Betriebsratswahl. Wahl der Personalvertretung Bord eines Luftfahrtunternehmens. Aushang des Wahlausschreibens. zugängliche Stelle. Nichtigkeit. Antragstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Es muss sowohl ein offensichtlicher als auch besonders grober Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegen.

2. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte.

 

Normenkette

BetrVG §§ 19, 117 Abs. 2; WO § 3 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 31.08.2006; Aktenzeichen 4 BV 1V06/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Personalvertretung Bord gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.08.2006 – 4 BV 106/06 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt richtig gestellt wird:

Die Wahl der Personalvertretung Bord vom 13.03.2006 bis 17.03.2006 ist unwirksam.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Beteiligten zu 1. – 14. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb der zu 15. beteiligten Arbeitgeberin. Beteiligte zu 16. ist die aus neun Mitgliedern bestehende Personalvertretung für das Bordpersonal.

Die Arbeitnehmer im Flugbetrieb der Arbeitgeberin, bestehend aus dem Cockpit- und dem Kabinenpersonal, wählten in der Zeit vom 13.03.2006 bis zum 17.03.2006 die Personalvertretung Bord. Die Wahl fand statt nach Maßgabe des zwischen der Arbeitgeberin und der Deutschen Angestelltengewerkschaft am 05.10.1999 abgeschlossenen Tarifvertrages Personalvertretung Nr. 2 – TV PV 2 – (Bl. 12 ff.d.A.).

§ 4 Abs. 3 bis 5 TV PV 2 lauten:

„(3) Zahl und Zusammensetzung der Personalvertretung

Die Personalvertretung des Bordpersonals besteht aus maximal 9 Mitgliedern.

Vor Neuwahlen wird die Größe der Personalvertretung in Anlehnung an das BetrVG § 9 bei abnehmender Beschäftigungszahl neu festgelegt.

(4)

Als Arbeitnehmergruppen i.S.d. BetrVG gelten die berufsspezifischen Gruppen im Bereich des Bodenpersonals (Cockpit- und Kabinenpersonal).

(5)

Cockpit- und Kabinenpersonal müssen, entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis, in der PV vertreten sein, wenn diese aus mindestens 3 Mitgliedern besteht.”

Nach § 4 Abs. 6 d) TV PV 2 erfolgt die Wahl geheim und in Form von Briefwahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl (Personenwahl).

In der Zeit vom 27.01.2006 bis zum 17.03.2006 wurde ein Abdruck des Wahlausschreibens vom 27.01.2006 (Bl. 104 f.d.A.) in den Crew-Räumen der Stationen D3xxxxxxxx, H7xxxxxx, M4xxxxx und N1xxxxxx ausgehängt. Dort lagen auch die Wählerliste (Bl. 196 ff., 214 ff. d.A.) sowie die Wahlordnung zur Einsicht aus. Nach dem Wahlausschreiben vom 27.01.2006 waren in der Cockpit-Gruppe 282 männliche und 23 weibliche Mitarbeiter, in der Kabinen-Gruppe 283 weibliche und 33 männliche Mitarbeiter wahlberechtigt.

Eine Veröffentlichung des Wahlausschreibens über das für jeden Mitarbeiter zugängliche Intranet (Flybase) erfolgte nicht. Das Wahlausschreiben wurde weder in D1xxxxxx, dem Betriebssitz der Arbeitgeberin, wo sich auch die Räume der Personalvertretung befinden, ausgehängt, noch an den weiteren Stationen der Arbeitgeberin in S3xxxxxxx, P2xxxxxxx, M5xxxxx und B7xxxx. Ob es an diesen Stationen Crew-Räume für das Bordpersonal gibt, ist zwischen den Beteiligten streitig. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass mindestens 30 wahlberechtigte Mitarbeiter des Bordpersonals nach den jeweiligen Dienstplänen in der Zeit vom 27.01.2006 bis 17.03.2006 ihren jeweiligen Arbeitseinsatz nicht von den Stationen D3xxxxxxxx, H7xxxxxx, M4xxxxx oder N1xxxxxx begonnen haben, ihr Flugeinsatz endete auch nicht an diesen Stationen. Die Wahlvorschläge, für die Gruppe Kabine und für die Gruppe Cockpit (Bl. 236, 243 d.A.), wonach sich für die Wahl der Personalvertretung Bord sieben Arbeitnehmer der Gruppe Cockpit und vier Arbeitnehmer der Gruppe Kabine zur Wahl stellten, wurden ebenfalls lediglich an den Stationen D3xxxxxxxx, H7xxxxxx, M4xxxxx und N1xxxxxx ausgehängt (Bl. 187 d.A.).

Am 17.03.2006 führte der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die Stimmauszählung durch. Auf das Protokoll vom 20.02.2006 über die Sitzung des Wahlvorstands (Bl. 167 d.A.) wird Bezug genommen. Danach wurden vier Vertreter der Gruppe Kabine und fünf Vertreter der Gruppe Cockpit als gewählte Mitglieder der Personalvertretung Bord ermittelt. Nach Ablehnung der Wahl durch ein Mitglied der Gruppe Kabine wurde das endgültige Wahlergebnis a...

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