Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Urlaubsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Urlaubsansprüche verjähren in drei Jahren (entgegen BAG 11.04.2006 – 9 AZR 523/05 – Juris Rn. 37, 05.12.1995 – 9 AZR 666/94 – Juris Rn. 41).

2. Die Verjährungsfrist beginnt stets zum Schluss des Urlaubsjahres.

  1. Für Beginn und Lauf der Verjährungsfrist ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer arbeitsfähig oder langandauernd arbeitsunfähig ist. Zur Verjährungshemmung lässt § 204 Nr. 1 BGB die Feststellungsklage genügen.
  2. Für den Verjährungsbeginn ist unmaßgeblich, ob ein fortdauernd arbeitsunfähiger Arbeitnehmer bis zum EuGH-Urteil vom 20.01.2009 – C 350/06 Schultz-Hoff – aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BAG meinte, dass der jährlich erworbene Urlaubsanspruch infolge Befristung gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG untergehe. Das Vertrauen auf eine ständige Rechtsprechung ist weder im Allgemeinen (vgl. BVerfG 06.05.2008 – 2 BvR 1926/07 – Juris Rn. 29) noch im Anwendungsbereich der §§ 199 Abs. 1 Nr. 2, 206 BGB schutzwürdig (evtl. anders BGH 19.03.2008 – III ZR 220/07 – Juris Rn. 8). Zudem war, früher oder später, die Rechtsprechungsänderung vorhersehbar, nachdem sie in einen signifikanten Widerspruch zu Art. 7 der Richtlinie 104/93/EG = 2003/88/EG und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH (26.06.2001 – C-173/99 BECTU –, 18.03. 2004 – C-342/01 Merino Gomez –) geraten war.

3. Die Aufrechnung „Brutto gegen Brutto” ist unzulässig (wie BAG 13.11.1980 – 5 AZR 572/78 – Juris Rn. 21).

Hinweis der Kammer:

Zur unionsrechtlichen Problematik der Berechnung des Urlaubsentgelts (hier nicht entscheidungserheblich): Supreme Court UK, Vorlage vom 24.03.2010 – C-155/10 Williams ./. British Airways plc –.

 

Normenkette

BUrlG §§ 1, 7; BGB § § 199 ff., §§ 204, 394; EGRL 2003/88 Art. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 19.04.2010)

ArbG Wuppertal (Aktenzeichen 12 Ca 9324/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2010 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.304,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 1.300,00 EUR brutto ab 01.02.2010, weiteren 1.300,00 EUR brutto ab 01.03.2010, weiteren 1.300,00 EUR brutto ab 01.04.2010, weiteren 104,80 EUR brutto ab 01.05.2010 und weiteren 1.300,00 EUR brutto ab 01.06.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten erster Instanz tragen der Kläger zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 4/7 und die Beklagte zu 3/7.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restvergütung sowie um Urlaubsabgeltung.

Der im Juni 1951 geborene Kläger ist seit 1976 bei der Beklagten beschäftigt. Zwischen den Parteien ist vereinbart, dass er aufgrund einer Betriebsvereinbarung („BV-Personalanpassungskonzept 2006”) zum 30.06.2016 aus den Diensten der Beklagten ausscheiden wird.

Der Kläger hat arbeitsvertraglich Anspruch auf Jahresurlaub in Höhe von 33 Arbeitstagen. Der aus dem Jahr 2005 noch offene Resturlaub beläuft sich auf 13 Arbeitstage. Für das Jahr 2006 wurde dem Kläger kein Urlaub gewährt.

Der Kläger war vom 22.08.2005 bis Anfang Juni 2007 ununterbrochen arbeitsunfähig krank. Nach einer Wiedereingliederung und der Gewährung des Urlaubs 2007 stellte die Beklagte ihn aufgrund der in einem Prozessvergleich vom 18.09.2007 (Bl. 9 GA) getroffenen Freistellungsvereinbarung ab dem 01.10.2007 unter Vergütungsfortzahlung von der Arbeit frei. Als Ende der Freistellungszeit ist der 30.06.2016 vorgesehen. Gemäß Ziffer 1 des Prozessvergleichs ist auf die Freistellung die „BV-Personalanpassungskonzept 2006” anzuwenden. § 6 II der Betriebsvereinbarung bestimmt u. a. Folgendes:

2.1

Regelung für Tarifangestellte

Tarifangestellten Mitarbeiter/innen (Mitarbeiter/innen, die im Anstellungsvertrag nicht als außertarifliche/r Vertrags-angestellte/r bezeichnet sind, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 10 Jahre betriebszugehörig sind und deren Arbeitsplatz wegfällt, wird die Bank unter Berücksichtigung der im jeweiligen Einzelfall gegebenen betrieblichen Voraussetzungen eine betriebliche Freistellungsregelung anbieten.

2.1.4

Kinderbetreuungszuschuss, Urlaub /Urlaubsgeld

Ein eventueller Urlaubsanspruch wird mit der Freistellung verrechnet. Beginnt die Freistellung am 01.01. eines Jahres, so haben die Mitarbeiter/innen einen etwaigen Urlaubsanspruch bis zum 31.12. des Vorjahres zu nehmen. Beginnt die Freistellung im Laufe eines Kalenderjahres, so ist den Mitarbeiter/innen der bis zum Freistellungsbeginn anteilig berechnete Urlaub vor dem Freistellungsbeginn zu gewähren. Kann der Urlaub aus Gründen, die in der Person der Mitarbeiter/innen liegen, nicht bis zum Beginn der Freistellung genommen werden, so wird er auch in diesem Fall mit der Freistellung verrechnet.

2.1.6

Beendigung der Freistellung

Die Bank kann die Freistellung jederzeit mit einer Ankündigungsfrist von 3 Monaten widerrufen.

Im August 2009 beans...

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