Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz vor Beginn der Elternzeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Verlängerung der bereits festgelegten Elternzeit führt nicht zu einer Vorverlagerung des Kündigungsschutzes nach § 18 Abs. 1 BErzGG

 

Normenkette

BErzGG § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 10.06.2004; Aktenzeichen 65 Ca 15412/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Juni 2004 – 65 Ca 15412/03 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 21. Mai 2003. Zwischen ihnen ist vor allem umstritten, ob dem Kläger der besondere Kündigungsschutz des § 18 BErzGG zusteht und ob auf ihr Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit dem 15. Januar 1999 als Leiter ihrer Geschäftsstelle gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.850,00 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 27,75 Stunden.

Der Kläger wurde am 18. Februar 2001 Vater einer Tochter. Er verlangte für die Zeit vom 03. September 2001 bis 02. August 2002 Elternzeit und beantragte, 12 Monate der Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes zu verschieben.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 05. August 2002 und 27. Februar 2003. Bei ihr waren zu dieser Zeit mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufungsbildung Beschäftigten tätig. Der Kläger erhob gegen diese Kündigungen Kündigungsschutzklage und machte bei der Beklagten mit Schreiben vom 03. Mai 2003 eine Verlängerung der Elternzeit für die Zeit vom 29. Juni bis 24. August 2003 geltend. Das Arbeitsgericht Berlin stellte durch Urteil vom 21. Mai 2003 (37 Ca 23394/02) fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die genannten Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin wies die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten durch Urteil vom 07. November 2003 (8 Sa 1278/03) zurück.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 21. Mai 2003 nochmals aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 2003.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die erneute Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Die Kündigung sei nach § 18 Abs. 1 BErzGG unzulässig, da sie innerhalb von acht Wochen vor Beginn der mit Schreiben vom 03. Mai 2003 verlangten Elternzeit erklärt worden sei. Ihm stehe als teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer zudem der besondere Kündigungsschutz des § 8 Abs. 2 Nr. 2 BErzGG zu; auch sei die Kündigung sozialwidrig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Dem Kläger stehe ein besonderer Kündigungsschutz nicht zu. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da sie einen Kleinbetrieb i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG führe. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch ein am 10. Juni 2004 verkündetes Urteil entsprochen. Die Kündigung verstoße gegen § 18 Abs. 1 BErzGG und sei daher rechtsunwirksam. Die Kündigung sei acht Wochen vor Beginn der Elternzeit ausgeschlossen; dies gelte nicht nur bei der ersten Inanspruchnahme von Elternzeit, sondern auch für weitere Elternzeitabschnitte. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 15. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. August 2004 eingelegte Berufung der Beklagten, die sie mit einem am 14. September 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift wurden von Rechtsanwalt B. unterzeichnet. Der Schriftzug besteht jeweils aus einem senkrechten Strich und einer an dem oberen Ende des Strichs beginnenden Schlangenlinie mit zwei Bögen.

Die Beklagte hält die Berufung für zulässig. Ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift in einer Weise unterzeichnet, die in einer fast zehnjährigen Praxis noch nicht zu Beanstandungen geführt habe. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei – so meint die Beklagte – durch die streitbefangene Kündigung aufgelöst worden. Dem Kläger stehe der besondere Kündigungsschutz des § 18 BErzGG nicht zur Seite. Sie habe einer Verlängerung der Elternzeit nicht zugestimmt. Auch sei die Kündigung nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen, da sie seit März 2003 regelmäßig weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftige. Im Mai 2003 seien bei ihr ausschließlich teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer tätig gewesen, wobei nach § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG Frau K., Frau N., Frau F., Herr W. und Herr Y. mit 0,5 sowie Herr Sch. und der Kläger mit 0,75 zu berücksichtigen seien. In den Folgemonaten habe sie lediglich Frau N. sowie die Herren Y. und Sch. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Buchhalterin Frau S. sei – unstreitig – am 17. F...

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