Entscheidungsstichwort (Thema)

Weitergabe von Tariflohnerhöhungen während der Freistellungsphase eines Altersteilzeitverhältnisses im Blockmodell

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit ist so zu behandeln, als hätte er seine Arbeitsleistung - im reduzierten Umfang - in der Freistellungsphase erbracht. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber auch in der Freistellungsphase im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas diejenigen Bezüge zu leisten hat, die unter Ansehung der tariflichen Vorschriften einem Teilzeitbeschäftigten mit der entsprechenden Arbeitszeit geschuldet sind. (so schon LAG Berlin-Brandenburg 12.9.2012 - 4 Sa 1380/12)

 

Normenkette

TV ATZ § 4 Fassung: 1998-05-05; TV-N Berlin § 6; BGB § 611 Abs. 1; TV-Nahverkehr Berlin § 7 Abs. 2; TV-ATZ § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.01.2014; Aktenzeichen 33 Ca 8297/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen 9 AZR 509/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Januar 2014 - 33 Ca 8297/13 - teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an den Beklagten seit dem 1. April 2011 zusätzlich zu dem bisher erhaltenen Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 1.943,50 monatlich weitere EUR 236,34 für den Monat April 2011, weitere EUR 257,69 monatlich für die Monate Mai 2011 bis Dezember 2011 sowie weitere EUR 304,49 monatlich für die Monate Januar 2012 bis Mai 2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4 zu tragen.

IV. Die Revision wird nur für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung während der Freistellungsphase im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses. Der hiesige Rechtsstreit ist ein Musterverfahren, da bei der Arbeitgeberin mehrere Hundert Arbeitnehmer ähnliche Ansprüche geltend gemacht haben.

Die klagende Arbeitgeberin ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und betreibt den öffentlichen Personennahverkehr in Berlin. Sie beschäftigt ca. 10.500 Mitarbeiter. Der am 29. März 1951 geborene Beklagte war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 30. Juni 1989 (Kopie Bl. 60 f. d. A.) ab dem 1. Juli 1989 bei der Klägerin beschäftigt. Diese war zu diesem Zeitpunkt ein Eigenbetrieb des Landes Berlin und wurde zum 1. Januar 1994 in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Die Klägerin wurde Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV).

Unter dem 12. April 2005 schlossen die Parteien eine Altersteilzeitvereinbarung (Kopie Bl. 65 ff. d. A.). Dort war hinsichtlich der Vergütung geregelt:

§ 3

Arbeitsentgelt

Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 2 Abs. 1 dieser Vereinbarung reduzierten Arbeitszeit. Das Arbeitsentgelt ist unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend zu zahlen. Für die Höhe des Arbeitsentgeltes ist § 4 TV ATZ maßgebend.

Die Arbeitsphase dauerte vom 1. April 2006 bis 31. März 2011, die Freistellungsphase vom 1. April 2011 bis 31. März 2016. Die Klägerin zahlt in der Freistellungsphase spiegelbildlich an den Beklagten das entsprechende Entgelt aus der Arbeitsphase. Im letzten Monat der Arbeitsphase (März 2011) erhielt der Kläger 2.179,84 € brutto. Im ersten Monat der Freistellungsphase (April 2011) zahlte die Klägerin das Entgelt, das dem ersten Monat der Arbeitsphase entsprach, somit nur 1.943,50 €. Hinsichtlich des tatsächlich gezahlten und des nach Ansicht der Klägerin künftig zu zahlenden Arbeitsentgelts wird auf die Anlage K9 (Bl. 81 f. d. A.) verwiesen. Dort ist auch das Arbeitsentgelt aufgeführt, das entsprechende Teilzeitkräfte erhalten würden, wenn sie in der Aktivphase wären.

Mit Schreiben vom 26. November 2012, das die Klägerin am 28. November 2012 erhalten hat, macht der Beklagte eine erhöhte Vergütung geltend:

"Hiermit beantrage ich, die Anpassung meiner Vergütungszahlung ab 01. April 2011 (Freistellungsphase) wie es die Festlegung des BAG vom 22. Mai 2012 vorsieht. Keine spiegelentgeltliche Zahlung! Weiterführung der letzten Entgeltgruppe aus der aktiven Phase sowie Anpassung entspr. der Tariferhöhungen in der Freiphase."

Mit der am 7. Juni 2013 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage möchte die klagende Arbeitgeberin geklärt wissen, dass sie über das gespiegelte Teilzeitbrutto hinaus nicht weiteres Entgelt an den Beklagten zu zahlen hat. Sie ist der Ansicht, dass in der Freistellungsphase des Altersteilzeitverhältnisses spiegelbildlich nur die Vergütung zu zahlen ist, die dem entsprechenden Monat in der Aktivphase entspricht. Es sei davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer in der Aktivphase ein Wertguthaben anspart, das in der Freistellungsphase zur Auszahlung kommt. Dies entspreche der so genannten Spiegelbildtheorie des BAG. Hierfür spreche auch, dass der Wert der Arbeitsleistung nach dem Zeitpunkt der Erbringu...

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