Entscheidungsstichwort (Thema)

Spiegelbildtheorie. Altersteilzeit. Blockmodell. Freizeitphase. Tariflohnerhöhung. Tarifliche Vergütung in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitnehmer tritt im Blockmodell der Altersteilzeit während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung in Vorleistung. Er erarbeitet sich hierdurch im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistungspflicht. Er erarbeitet sich damit ein Zeitguthaben (im Anschluss an BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 423/10 - zu A. I. 2 ff (1) der Gründe). Das Zeitguthaben kommt dadurch zur Auszahlung, dass der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der - laufenden - Bezüge freigestellt ist.

2.Der Arbeitnehmer ist deswegen so zu behandeln, als hätte er seine Arbeitsleistung - im reduzierten Umfang - in der Freistellungsphase erbracht. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber auch in der Freistellungsphase im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas diejenigen Bezüge zu leisten hat, die unter Ansehung der tariflichen Vorschriften einem Teilzeitbeschäftigten mit der entsprechenden Arbeitszeit geschuldet sind.

3. Kommt es in der Freistellungsphase der Altersteilzeit zu Tariflohnerhöhungen profitieren die Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell hiervon gleichermaßen wie die anderen Teilzeitbeschäftigten mit entsprechender Arbeitszeit.4.Eine etwaige Absenkung tariflicher Leistungen in der Freistellungsphase ist bei Altersteilzeitbeschäftigten im Blockmodell - ebenso wie bei allen anderen Teilzeitbeschäftigten auch - ebenfalls zu berücksichtigen (a. A. wohl BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 423/10 - zu A. I. 2 ff (1) der Gründe).

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; ETV-Charite §§ 1, 2 Abs. 1; TV ATZ § 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.05.2012; Aktenzeichen 50 Ca 18370/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.07.2014; Aktenzeichen 9 AZR 946/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Mai 2012 - 50 Ca 18370/11 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,00 € brutto (einhundertfünfzig 00/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2011 zu zahlen,

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. Juli 2011 bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses den hälftigen Betrag der im Entgelttarifvertrag für die Charité - Universitätsmedizin Berlin in der Fassung vom 1. Juli 2011 vereinbarten Vergütungserhöhungen zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der in der Freistellungsphase des Altersteilzeitverhältnisses zu zahlenden Vergütung.

Die Parteien schlossen unter dem 27. November 2006 eine Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit, wonach das Arbeitsverhältnis ab dem 01. Februar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach Maßgabe des Altersteilzeitgesetzes und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in seiner jeweils gültigen Fassung fortgesetzt wird. Die Parteien vereinbarten Altersteilzeitarbeit im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Februar 2007 bis 28. Februar 2010 und einer Freizeitphase für die Zeit vom 1. März 2010 bis 31. März 2013. Hinsichtlich des genauen Wortlauts der Altersteilzeitvereinbarung wird auf Bl. 7 - 8 d. A. verwiesen.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Entgelttarifvertrag für die Charité - Universitätsmedizin Berlin (im Folgenden: ETV-Charité) Anwendung. Der ETV-Charité in der Fassung vom 1. Juli 2011 sah eine Erhöhung des Tarifentgelts ab dem 1. Juli 2011 vor. Er enthielt weiterhin ua. folgende Regelung:

"§ 9

Einmalzahlung

1. Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis am 1. Juni 2011 bestanden hat, haben Anspruch auf eine mit der Entgeltzahlung für Juni 2011 fällige Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro. Die Einmahlzahlung deckt den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 ab.

...."

Die nächste Erhöhung des Tariflohns ist nach dem ETV-Charité erst ab dem 1. Juli 2013 und damit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin vorgesehen.

Der TV ATZ in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 30. Juni 2000 enthält, soweit maßgeblich, folgende Regelungen:

"§ 3

Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit

(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

...

(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie

a) in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell)

b) durchgehend geleist...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge