Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitbeschäftigtes Betriebsratsmitglied

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn die Betriebsratstätigkeit eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglied dessen Arbeitszeit übersteigt, hat es zunächst um Freizeitausgleich nachzusuchen und steht ihm nicht sofort ein Vergütungsanspruch zu.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 25.02.2010; Aktenzeichen 35 Ca 17088/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.02.2010 – 35 Ca 17088/09 – geändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin steht seit dem 29. Oktober 2001 als Verkäuferin in den Diensten der Beklagten. Als regelmäßige Arbeitszeit waren zuletzt 18 Wochenstunden bei einem Monatsgehalt von 990,50 EUR brutto vereinbart.

Die Klägerin ist Mitglied des Anfang März 2009 erstmals für ihren Betrieb gewählten Betriebsrats und des von diesem gebildeten Betriebsausschusses. An deren Sitzungen nahm sie freitags jeweils sechs Stunden sowie montags und dienstags jeweils acht Stunden teil. Außerdem besuchte sie auf der Grundlage entsprechender Betriebsratsbeschlüsse in der Zeit vom 4. bis 8. Mai 2009 ein „Einführungsseminar für Betriebsratsmitglieder (BR 1)” und in der Zeit vom 25. bis 29. Mai 2009 eine Schulungsveranstaltung mit dem Thema „Betriebsverfassungsrecht Teil II” von jeweils 37 Stunden Dauer.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Vergütung für jeweils vier über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Stunden der Teilnahme an Sitzungen von Betriebsrat und Betriebsausschuss in sieben Wochen von Mai bis Juli 2009 sowie für jeweils 19 zusätzliche Stunden ihrer Teilnahme an den beiden Schulungsveranstaltungen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 839,52 EUR brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe durch ihre Teilnahme an den Sitzungen von Betriebsrat und Betriebsausschuss und an den beiden Schulungsveranstaltungen im geltend gemachten Umfang erforderliche Betriebsratstätigkeit geleistet, und zwar mit Rücksicht auf ihre Teilzeitbeschäftigung aus betriebsbedingten Gründen außerhalb ihrer Arbeitszeit. Zum zeitlichen Umfang ihrer wöchentlichen Betriebsratstätigkeit habe die Klägerin auf eine Vielzahl von Zustimmungsersetzungsverfahren und einen hohen Aufwand bei der wöchentlichen Arbeitsplanung für mehr als vierhundert Arbeitnehmer und der Anordnung von Überstunden hingewiesen, ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegengetreten sei. Dass die Klägerin Schulungen besuchen hätte können, die innerhalb ihrer Arbeitszeit durchgeführt worden seien, habe die Beklagte nicht dargelegt. Da eine vorrangig zu gewährende Arbeitsbefreiung nicht möglich gewesen sei, habe der Beklagte die von der Klägerin aufgewendete Zeit als Mehrarbeit zu vergüten.

Gegen dieses ihm am 18. März 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. März 2010 eingelegte und am 31. März 2010 begründete Berufung des Beklagten. Er meint, die Klägerin habe ihre Betriebsratstätigkeit nicht aus betriebs-, sondern aus betriebsratsbedingten Gründen geleistet, soweit diese ihre regelmäßige Arbeitszeit überstiegen habe. Außerdem wäre es möglich gewesen, der Klägerin Arbeitsbefreiung zu gewähren, wobei dann ein Ersatzmitglied für sie hätte nachrücken müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil gegen die Angriffe des Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Vergütung der von ihr im Streitzeitraum über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Betriebsratstätigkeit gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 Ts. 2, Abs. 6 Satz 1 und 2 BetrVG.

1.1. Allerdings war davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrer Teilnahme an den Sitzungen von Betriebsrat und Betriebsausschuss und an den beiden Schulungsveranstaltungen erforderliche Betriebsratstätigkeit i. S. d. § 37 Abs. 2 und 6 Satz 1 BetrVG geleistet hat, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

1.2 Die Klägerin hat ihre Betriebsratstätigkeit auch aus betriebsbedingten Gründen außerhalb ihrer Arbeitszeit geleistet, soweit diese dahinter zurückgeblieben ist. Dadurch, dass der Betriebsrat sie in den Betriebsausschuss entsandt hat, handelte es sich entgegen der Ansicht des Beklagten nicht um betriebsratsbedingte Gründe. Dafür genügte bloße Kausalität nicht. Entscheidend war vielmehr, dass auf Grund der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin jede darüber hinausgehende Betriebsratstätigkeit ohne Rücksicht auf deren zeitliche Lage durch diese betriebliche Gegebenheit bedingt war (...

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