Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. Unbegründete Feststellungsklage des Arbeitnehmers bei unzureichenden Darlegungen zur Täuschung über Einzelheiten des als Ausgleich angebotenen Arbeitsplatzes

 

Leitsatz (amtlich)

Als Grund für eine Anfechtung eines Aufhebungsvertrages bei gleichzeitigem Angebot eines anderen Arbeitsplatzes reicht es nicht aus, wenn sich eine Seite ohne Täuschungshandlung oder Verletzung von Aufklärungspflichten der anderen Seite falsche Vorstellungen von diesem anderen Arbeitsplatz und den dortigen Arbeitsbedingungen gemacht hat.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.10.2015; Aktenzeichen 54 Ca 4805/15)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Oktober 2015, 54 Ca 4805/15 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Der Kläger ist seit 1. August 1985 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern tätig, seit 1988 als Lagerist gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 2.049,00 Euro bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich.

Am 5. Februar 2015 teilte der Mitarbeiter der Beklagten Herr P. dem Kläger mit, im Lager stehe ein Abbau von Arbeitsplätzen an, in Betracht komme eine Weiterbeschäftigung im Teillager bei der D. - Teile & Logistik. Am 12. Februar 2015 fand ein gemeinsamer Begehungstermin mit weiteren Beschäftigten der Beklagten bei der D.- Teile & Logistik statt.

Am 20. Februar 2015 legte die Beklagte dem Kläger folgenden Aufhebungsvertrag mit der Beklagten vor:

1. Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeits-/Anstellungsverhältnis mit Ablauf des 28.02.2015 im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird und dass sämtliche Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeits-/Anstellungsverhältnis und dessen Beendigung nicht mehr gegeneinander bestehen.

2. Die Firmengruppe D. unterbreitet dem Beschäftigten ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeits-/Anstellungsvertrages.

Zeiten aus diesem aufgehobenen Arbeits-/Anstellungsverhältnis werden bei Wiedereinstellung für Ansprüche aller Art, die dem Grund oder der Höhe nach von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen, angerechnet.

Konkret wird Herrn T. ab 01.03.2015 im unmittelbaren Anschluss eine adäquate Tätigkeit in der D. Teile & Logistik GmbH - Nebenlager Berlin aufnehmen.

Gleichzeitig legte die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsvertrag mit der D. - Teile & Logistik vor, gemäß dem der Kläger ab 1. März 2015 als Lagerist in dem Bereich Teile und Zubehör unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit ab 1. August 1985 und einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.094,00 Euro weiterbeschäftigt wird (s. i.E. Bl. 21-26 d.A.), und den der Kläger ebenfalls unterzeichnete.

Der Kläger nahm am 1. März 2015 die Arbeit bei der D. - Teile & Logistik auf und erklärte mit Schreiben vom 12. März 2015 die Anfechtung des Aufhebungsvertrages. Er habe feststellen müssen, dass er keine adäquate Tätigkeit erhalten habe, der neuen Tätigkeit sei er aus gesundheitlichen Gründen nicht gewachsen (s. i.E. Bl. 27-29 d.A.).

Mit seiner am 1. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger ein mit der Beklagen fortbestehendes Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Er habe nicht gewusst, was ihn erwarte. Er habe lediglich erklärt, er besitze Großhandelserfahrung und habe ermittelt, wie der neue Arbeitsplatz mit dem Fahrrad zu erreichen wäre. Der Besichtigungstermin sei auf den Nachmittag gelegt worden, weil man sich zu dieser Zeit kein Bild von der Arbeit habe machen können. Ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass eine Stempeluhr existiere, er unter Druck arbeiten müsse und keine Sitzgelegenheit vorhanden sei. Bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages sei niemand vom Betriebsrat anwesend gewesen, um ihn zu überrumpeln. Er habe keine Gelegenheit gehabt, sich die Verträge vor Unterzeichnung durchzulesen und sei diese anschließend mit dem Betriebsrat durchgegangen. Aufgrund der Organisation des Lagers bei der D. - Teile & Logistik gebe es sehr lange Wege. Die Beklagte, die gewusst habe, was ihn dort erwarte, habe den neuen Arbeitsvertrag nicht anbieten dürfen, zumindest nicht ohne Rückabwicklungsklausel.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Aufhebungsvertrag vom 24.02.2015 unwirksam ist und das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der hierfür darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe keinen Anfechtungsgrund dargelegt. Im Rahmen der Besichtigung sei der neue Arbeitsplatz gezeigt und erläutert worden, es sei die Möglichkeit zur Nachfragen eingeräumt worden. Der Kläger habe sich positiv zu dem möglichen neuen Arbeitsplatz geäußert. Eine Drucksituation zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages habe nicht bestanden, Herr P. habe sein eigenes Büro verlassen, damit der Klä...

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