Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirkungslosigkeit eines Verzichts auf Karenzentschädigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Keine Anrechnung von Altersrente auf Karenzentschädigung. Unerheblichkeit des Grundes für Karenz

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Wettbewerbsverbot ist auch bei einem bloßen Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften rechtmäßig.

Eine vertragliche Ausschlussklausel muss hinreichend deutlich enthalten, dass damit auf die Karenzentschädigung mit verzichtet werden soll.

 

Normenkette

HGB § 74 Abs. 2, § 74c Abs. 1 S. 1, § 75a

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.07.2019; Aktenzeichen 54 Ca 17012/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01. Juli 2019 - 54 Ca 17012/18 - abgeändert und der Beklagten verurteilt, an die Klägerin 48.816,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 12.204,- Euro seit dem 9. Oktober 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. November 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 3. Dezember 2018, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 2. Januar 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. Februar 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. März 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. April 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 2. Mai 2019, auf weitere 4.068,- Euro seit dem 3. Juni 2019 und auf weitere 4.068,- Euro seit dem 1. Juli 2019 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Karenzentschädigung aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2019.

Die am .... 1951 geborene Klägerin war vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 beim Beklagten, der eine Zahnarztpraxis betreibt, als angestellte Zahnärztin mit einer variablen, vom Umsatz abhängigen Vergütung, auf die monatliche Abschläge gezahlt wurden, beschäftigt. Ausweislich der erteilten Vergütungsabrechnungen erzielte die Klägerin aus der Tätigkeit beim Beklagten im Jahr 2016 (Bl. 66 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 40.000,- Euro, im Jahr 2017 (Bl. 87 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 102.217,59 Euro sowie im Jahr 2018 (Bl. 104 d. A.) ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 61.195,82 Euro.

Seit Januar 2017 bezieht die Klägerin eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine zusätzliche Altersversorgung aus dem Versorgungswerk der Zahnärzte.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. März 2016 (Anlage K 1, Bl. 4 - 7 d. A.) war unter § 11 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. § 11 des Arbeitsvertrages lautet:

"(...) § 11

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

1. Der angestellten Zahnärztin ist es im Falle der Beendigung dieses Vertrages für die Dauer von einem Jahr untersagt, in einem Umkreis von drei Kilometern um den Praxissitz des Praxisinhabers in der G.straße 100, 13053 Berlin

a) sich in eigener Praxis und/oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft bzw. einem medizinischen Versorgungszentrum als Zahnarzt niederzulassen oder

b) als frei mitarbeitende oder angestellte Zahnärztin an der ambulanten zahnärztlichen Patientenversorgung teilzunehmen.

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat die angestellte Zahnärztin eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Tag neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens und sonstiger Ansprüche bleibt vorbehalten.

3. Der Praxisinhaber zahlt der angestellten Zahnärztin während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von der angestellten Zahnärztin zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen beträgt.

4. Im Übrigen finden auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Regelungen der §§ 74 ff. HGB entsprechende Anwendung. (...)"

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum Beklagten zum 30. Juni 2018. Zuvor hatte sie Anfang 2018 eine auf Ärzte spezialisierte Vermittlungsagentur mit der Suche nach einer neuen Beschäftigung beauftragt. Aufgrund eines am 25. April 2018 geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Klägerin seit dem 1. August 2018 bei einem anderen Zahnarzt, dessen Praxis über vier Kilometer von der Praxis des Beklagten entfernt ist, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden gegen ein Gehalt von Höhe von 1.500,- Euro monatlich tätig.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 3. September 2018 forderte die Klägerin, ohne Angaben zu ihrem Verdienst, zu machen, vom Beklagten eine Karenzentschädigung in Höhe von zunächst 3.664,89 Euro. Der Beklagte ließ mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2018 auf das Wettbewerbsverbot verzichten und verlangte außerdem Auskunft über einen etwaigen Verdienst der Klägerin. Hierauf teilte die Klägerin mit dem am 9. Oktober 2018 beim Prozessbevollmächtigten des Beklag...

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