Zusammenfassung

 
Überblick

Der Beitrag befasst sich mit den Besonderheiten bei der Kündigung in der Insolvenz. Dies betrifft zunächst die Ausnahmeregelungen zur Kündigungsfrist in § 113 InsO. Sonderkündigungsschutz gilt zwar grundsätzlich auch in der Insolvenz, kann aber in vielen Fällen nicht mehr effektiv gewährt werden. Dies gilt insbesondere für eine tarifvertraglich geregelte Unkündbarkeit von Arbeitnehmern ab einer Mindestbetriebszugehörigkeit und einem bestimmten Alter. Ähnliches gilt für den allgemeinen Kündigungsschutz. Durch eine gerichtliche Zustimmung zur Betriebsänderung, durch einen Interessenausgleich mit Namensliste sowie durch eine gerichtliche Bestätigung einer Namensliste kann der Insolvenzverwalter relativ rechtssicher Personal abbauen. Diese Erleichterungen kommen auch einem Erwerber des Betriebs nach § 613a BGB zugute. Schließlich legt der Beitrag noch die Besonderheiten für den Sozialplan dar, der in der Insolvenz in der Höhe begrenzt ist.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Sonderregelungen zur Kündigung in der Insolvenz finden sich sämtlich in der Insolvenzordnung (InsO). Hervorzuheben ist § 113 InsO zur dreimonatigen Kündigungsfrist, § 122 InsO zur gerichtlichen Zustimmung zu einer Betriebsänderung, § 125 InsO zum Interessenausgleich mit Namensliste, § 126 InsO zur gerichtlichen Bestätigung einer Namensliste sowie § 123 InsO zum Umfang des Sozialplans in der Insolvenz.

1 Allgemeiner und besonderer Kündigungsschutz in der Insolvenz

Nach § 113 Satz 1 InsO kann ein Arbeitsverhältnis (Unterfall des dort genannten Dienstverhältnisses), bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte (Arbeitgeber) ist, vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Damit gibt die Vorschrift keinen Freibrief für Kündigungen, sondern befreit lediglich von besonderen Bindungen bei Befristungen[1], gesonderten Vereinbarungen (z. B. tariflicher Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit) und kürzt zusätzlich in Satz 2 die Kündigungsfristen ab.

Die Insolvenz hat also keine automatischen Auswirkungen auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse. Diese bestehen auch inhaltlich von der Insolvenz unberührt mit Wirkung für die Insolvenzmasse weiter fort.[2] Wegen § 80 Abs. 1 InsO gehen allerdings die Arbeitgeberrechte und -pflichten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über. Will dieser bestehende Arbeitsverhältnisse beenden, muss er wie bei Kündigungen außerhalb einer Insolvenz, die allgemeinen[3] und besonderen Kündigungsschutzvorschriften (Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Pflegezeitgesetz, Schwerbehindertenkündigungsschutz nach SGB IX, Kündigungsschutz der Arbeitnehmervertreter nach § 15 KSchG etc.) sowie Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bzw. §§ 111 ff. BetrVG, aber auch bei Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils § 613a BGB beachten. Die Sonderregelungen der §§ 125, 126 InsO sowie des § 122 InsO erleichtern dem Insolvenzverwalter allerdings die Personalfreisetzung.

Die Insolvenz als solche ist kein Kündigungsgrund. Allerdings können dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern entgegenstehen und daher betriebsbedingte Kündigungen i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG rechtfertigen.

2 Kündigungsbefugnis in der Insolvenz

Noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen. Dabei kann ein "starker" oder auch nur ein "schwacher" Insolvenzverwalter bestellt werden. Ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter tritt weitgehend an die Stelle des Schuldners, da Letzterem durch das Insolvenzgericht im Wege eines allgemeinen Verfügungsverbots das weitere Handeln untersagt wird. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners geht in diesem Fall auf den vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter über.[1] Ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter ist dagegen gegeben, wenn dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird. Das Insolvenzgericht legt in diesem Fall im Einzelnen fest, welche Befugnisse der "schwache" vorläufige Insolvenzverwalter hat.[2] Oft wird ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter ernannt, der aber mit sehr weitgehenden Befugnissen ausgestattet ist, sodass er dem "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter bereits nahesteht. Ob er zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt ist, hängt dann von den übertragenen Befugnissen ab. Der starke vorläufige Insolvenzverwalter kann grundsätzlich Kündigungen aussprechen. Sollen diese mit der Stilllegung des Betriebs begründet werden, hängt die Wirksamkeit jedoch von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts ab.[3] Sofern entsprechende Verfügungsbeschränkungen bestehen, kann der Schuldner (hier: Arbeitgeber) selbstständig keine Kündigungen aussprechen, sondern nur mit Zustimmung des (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn dieser die entsprechende Befugnis verliehen bekommen hat. Kündigt der...

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