Wird die Lufttemperatur im Raum von 35 °C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung nicht als Arbeitsraum geeignet, sofern keine technischen Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier), organisatorischen Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder persönliche Schutzausrüstung (z. B. Hitzeschutzkleidung) ergriffen wurden. Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer dann die Arbeitsleistung unter Verweis auf die Ungeeignetheit verweigern kann und trotzdem seinen Vergütungsanspruch beibehält.

Im Arbeitsvertrag gilt das Austauschverhältnis Geld gegen Arbeit (sog. Synallagma). Das heißt, ohne Erbringung der Arbeitsleistung erhält der Arbeitnehmer zunächst keinen Lohn. Von diesem Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn" enthält das geltende Dienstvertragsrecht in den §§ 615, 616 BGB abweichende Regelungen. Der Arbeitgeber hat u. a. das Entgelt fortzuzahlen, wenn er das Betriebsrisiko des Arbeitsausfalls trägt.[1] Dies dürfte auch dann gelten, wenn Arbeitsräume aufgrund zu hoher Lufttemperatur nicht als Arbeitsraum genutzt werden können.

Das BAG[2] musste sich in einer Entscheidung mit der Frage auseinandersetzen, ob die im Rahmen eines allgemeinen "Lockdowns" zur Bekämpfung der Corona-Pandemie staatlich verfügte vorübergehende Betriebsschließung einen Fall des vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos darstellt. Dies wurde im Ergebnis verneint, da es dem Arbeitgeber unmöglich war, die Leistung des Arbeitnehmers anzunehmen.

Im Rahmen der Auflösung über § 615 Satz 3 BGB sind die vom BAG aufgestellten Grundsätze zur Zurechnung des Betriebsrisikos zu berücksichtigen. § 615 Satz 1 weist dem Dienstherrn die Substratgefahr zu, das heißt, er trägt das Risiko, die vom leistungsbereiten und -fähigen Dienstverpflichteten angebotene Leistung wegen einer Störung des beim Dienstherrn liegenden Arbeitssubstrats nicht annehmen zu können.

 
Hinweis

Risikoverteilung

Für die Risikoverteilung unerheblich ist ferner, ob der Arbeitgeber das Betriebsrisiko "abmildern" könnte, etwa durch den Abbau von Überstunden und Gleitzeitguthaben oder die Gewährung von Urlaub.

Bezug von Kurzarbeitergeld

Liegen infolge der Betriebsschließung die Voraussetzungen für Kurzarbeit vor und können dadurch die durch die staatlich verfügte Betriebsschließung entstehenden finanziellen Nachteile für die Arbeitnehmer abgemildert werden, dürfte der Arbeitgeber – vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls – aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht[3] verpflichtet sein, seinen Beschäftigten den Bezug von Kurzarbeitergeld zu ermöglichen. Anderenfalls könnte er sich in Höhe des entgangenen Kurzarbeitergeldes gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern[4] nach § 280 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig machen.[5]

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