Rz. 32

Der Tatbestand einer Berufskrankheit kann weitere Zusatzvoraussetzungen enthalten, zu denen vor allem die Einschränkung auf bestimmte Gefährdungsbereiche und der Unterlassungszwang zählen. Darüber hinaus fordern manche Berufskrankheiten bestimmte Krankheitsverläufe (Nr. 2105: Chronizität) oder Erkrankungsarten (Nr. 5101: Schwere oder wiederholte Rückfälligkeit).

2.1.6.1 Bestimmte Gefährdungsbereiche (Abs. 1 Satz 2 HS 2 1. Alt.)

 

Rz. 33

Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind; denn bestimmte Krankheiten treten nur in bestimmten Gefährdungsbereichen überhäufig auf, z. B. Infektionskrankheiten bei Beschäftigten in Krankenhäusern, Emphysembronchitis bei Bergleuten.

2.1.6.2 Unterlassungszwang – weggefallen

 

Rz. 34

Die bisher in Abs. 1 Satz 2 HS 2 2. Alternative vorgesehene Ermächtigung, in der Bezeichnung von Berufskrankheiten in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit als Anerkennungsvoraussetzung vorzusehen, wurde durch Art. 7 Nr. 3a des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7. SGB IV-ÄndG) mit Wirkung zum 1.1.2021 gestrichen. Bisher war in der Anlage 1 zur BKV in insgesamt 9 Berufskrankheiten-Tatbeständen der Unterlassungszwang als Tatbestandsvoraussetzung genannt. Wenn die Versicherten bei diesen Erkrankungen die schädigende Tätigkeit nicht aufgaben, bedeutete dies den Ausschluss von den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, obwohl die Krankheit nachweislich durch ihre Arbeit verursacht worden war. Im Rahmen des § 3 BKV konnten lediglich präventive und medizinische Maßnahmen erbracht werden, um einer Verschlimmerung der Erkrankung oder einem späteren Wiederaufleben entgegenzuwirken. Der Gesetzgeber bezeichnet den Unterlassungszwang nunmehr als ein historisch überkommenes Instrument des Berufskrankheitenrechts, das heute nicht mehr erforderlich ist und dessen Auswirkungen zu unangemessenen Nachteilen für die Versicherten führen (BT-Drs. 19/17586 S. 101). Das Kriterium diente in der Vergangenheit dazu, eine kollektive Präventionswirkung zu erzeugen und sog. Bagatellerkrankungen auszuschließen. In Zukunft (ab 1.1.2021) soll eine Verschlimmerung oder ein Wiederaufleben von bereits eingetretenen Erkrankungen durch eine Stärkung der Individualprävention und die aktive Mitwirkung der Betroffenen verhindert werden. Regelungen dazu enthält der ebenfalls zum 1.1.2021 neugefasste Abs. 4. Ferner werden diejenigen Berufskrankheiten-Tatbestände, bei denen Bagatellerkrankungen ausgeschlossen werden sollen, präzisiert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen soll gemäß § 218f in einem bis zum 31.12.2026 dem BMAS zu erstellenden Bericht evaluiert werden.

2.1.6.3 Besonderheiten in der Seefahrt (Abs. 1 Satz 3, § 2 BKV)

 

Rz. 35

Zieht sich ein Seemann beim Landgang eine Berufskrankheit zu, kann sie an sich nicht entschädigt werden, weil Landgänge typischerweise nicht zu den versicherten Tätigkeiten zählen. Allerdings können Seeleute praktisch nur an Land und häufig nur in Gebieten (z. B. Tropen oder Subtropen) beurlaubt werden, wo aufgrund klimatischer Einflüsse oder (un)hygienischer Zustände besondere (Infektions-)Gefahren lauern. Wird der Urlaub (oder Freizeitausgleich) betriebsbedingt in diesen Risikozonen verbracht und realisiert sich die spezifische Gesundheitsgefahr, so kann sie der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Deshalb kann der Verordnungsgeber in Unternehmen der Seefahrt den Versicherungsschutz über die eigentliche versicherte Tätigkeit hinaus auch auf Zeiten des Landurlaubs ausdehnen. Von dieser Ermächtigung hat der Gesetzgeber in § 2 BKV Gebrauch gemacht und Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Tropenkrankheiten und Fleckfieber versichert, in der sie an Land beurlaubt sind (BK Nr. 3104).

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