Rz. 6

Mit Beschluss v. 15.7.1999 (B 2 U 117/98 B, HVBG-Info 2000 S. 537) hatte der 2. Senat des BSG im Anschluss an das BVerfG (Beschluss v. 30.7.1985,1 BvR 282/85, SozR 2200 § 543 Nr. 6) die bisherige ständige Rechtsprechung (BSG, Urteil v. 9.12.1993, 2 RU 49/92, SozR 3-2200 § 543 Nr. 1), dass § 543 RVO eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung darstellt und weder gegen die durch Satzungsrecht aufgrund des § 543 RVO (= § 3 SGB VII) begründete Zwangsmitgliedschaft der selbständigen Unternehmer noch die damit verbundene Beitragspflicht rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Bezieht die Satzung alle Unternehmer ein, so war nach der Rechtsprechung des BVerfG (a. a. O.) die Zwangsmitgliedschaft als solche, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 18.10.1984, 2 RU 51/83, Breithaupt 1987 S. 924) die Einbeziehung von Kleinunternehmern und nebenberuflich Tätigen als verfassungsgemäß angesehen worden (zur Verfassungsmäßigkeit auch Vossen, SGb 2006 S. 518).

 

Rz. 7

Das BSG hat seine Ansicht auch unter der Geltung des SGB VII beibehalten und entschieden, dass weder die Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung in Form der Pflichtversicherung noch die im SGB VII geregelte Beitragsgestaltung dem europäischen Gemeinschaftsrecht – nach dem Vertrag von Lissabon Unionsrecht – oder nationalem Verfassungsrecht entgegenstehen (BSG, Urteil v. 11.11.2003, B 2 U 16/03 R, BSGE 91 S. 263; BSG, Urteil v. 9.5.2006, B 2 U 34/05 R, UV-Recht Aktuell 2006 S. 456 = BG 2007 S. 102; BSG, Urteil v. 20.3.2007, B 2 U 09/06 R, UV-Recht Aktuell 2007 S. 1065; ebenso: LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.3.2008, L 9 U 446/06, UV-Recht Aktuell 2008 S. 1360).

Auf den Vorlagebeschluss des Sächsischen LSG (Beschluss v. 24.7.2007, L 6 U 2/06, GewArch 2007 S. 420; kritische Anmerkung Pabst, BG 2008 S. 91) hat auch der EuGH (Urteil v. 5.3.2009, C-350/07, NJW 2009 S. 1325) die als Zwangsversicherung gestaltete deutsche gesetzliche Unfallversicherung als weder gegen die europäische Wettbewerbs- noch die Dienstleistungsfreiheit verstoßend angesehen, solange das Solidaritätsprinzip umgesetzt bzw. das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht überschritten wird (vgl. die Anmerkungen Dann, DSTRE 2009 S. 1093; Fuchs, ZESAR 2009 S. 365; ders., DGUV-Forum, 2009 Nr. 11 S. 12; Giesen, ZESAR 2009 S. 311; Höffer/Wölfle, DGUV-Forum 2009 Nr. 4 S. 36; Kirchberg, NJW 2009 S. 1313; Penner, ZESAR 2009 S. 411; Röbke, EWiR 2009 S. 457; Ruland, JuS 2010 S. 463; zu den Folgen für den Pensionssicherungsverein: Rolfs/de Groot, ZIP 2009 S. 785). Aus der Entscheidung folgt für die Sozialgerichte, dass die Rechtslage als gesichert zu beurteilen ist, solange die Systemkomponenten unverändert bleiben (vgl. zur gesetzlichen Krankenversicherung: Schlegel, SGb 2007 S. 709). Das Argument der alleinigen Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für die Systeme der sozialen Sicherheit vermag für sich betrachtet keine Rechtfertigung zu bieten. Mit Blick auf die Dienstleistungsfreiheit ergibt sich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung des EuGH (vgl. auch Bieback, in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl. 2005, S. 600). Eine Bestandsgarantie für das gegenwärtige System der gesetzlichen Unfallversicherung ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH nicht.

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