2.1 Aufsichtspersonen

 

Rz. 3

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 haben die Träger der GUV mit allen geeigneten Mitteln dafür zu sorgen, dass

  • die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie
  • eine wirksame Erste Hilfe

gewährleistet ist. Letztere rechnet nach allgemeinem Sprachverständnis an sich nicht zur Prävention, da die Erste Hilfe nicht vorbeugend, sondern – wenn auch unmittelbar – nach einem (eingetretenen) Ereignis (z. B. Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) geleistet wird. § 1 Abs. 1 Nr. 1 nennt als Präventionsaufgabe der GUV daher zutreffenderweise nur Ersteres. Gleichwohl haben die Träger der GUV zur Erfüllung des in § 14 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich normierten gesetzlichen Präventionsauftrages – mittels Überwachung und Beratung (vgl. § 17 Abs. 1) – sog. Aufsichtspersonen zu beschäftigen.

 

Rz. 4

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Träger der GUV und der Aufsichtsperson ist privatrechtlicher Natur (§ 611 BGB). Hierfür spricht zwar nicht zwingend der Wortlaut der Norm ("beschäftigt"), allerdings die Systematik des Dienstrechts nach §§ 144 ff. Danach kann der Träger der GUV ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich (zu Ausnahmen vgl. § 144 Satz 2) nicht nur durch eine Dienstordnung, sondern auch "nach Tarifvertrag" oder "außertariflich" regeln (§ 144 Satz 1). Daraus folgt weiter, dass insbesondere für Streitigkeiten aus diesen Arbeitsverhältnissen die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG; vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 10.3.2009, 5 Sa 202/08 und 5 Sa 209/08). Soweit die Beschäftigung im Rahmen der Dienstordnung erfolgt, ist gleichwohl im Wesentlichen eine Angleichung an das Beamtenrecht des Bundes erfolgt (Ricke, in: KassKomm, SGB VII, Stand 2009, § 144 Rz. 2).

2.2 Verpflichtung

 

Rz. 5

§ 18 Abs. 1 ist eine Organisationsnorm. In Bezug auf die Verpflichtung, Aufsichtspersonen in der für eine wirksame Überwachung und Beratung gemäß § 17 erforderlichen Zahl zu beschäftigen, ist etwa einem nach dem Recht der GUV Versicherten kein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt, dessen Durchsetzung er im Klagewege verfolgen könnte.

 

Rz. 6

Die Einhaltung dieser Organisationsnorm obliegt vielmehr der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Rechtsaufsicht ist betroffen, wenn der Träger der GUV gegen materielles Recht verstößt, das für ihn maßgebend ist (§ 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Hiervon ist auch Organisationsrecht erfasst. Stellt die Rechtsaufsichtsbehörde fest, dass durch das Handeln oder Unterlassen eines Trägers der GUV materielles Recht verletzt wird, soll sie zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Träger der GUV die Rechtsverletzung behebt (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Wird die Rechtsverletzung nicht behoben, kann die Rechtsaufsichtsbehörde ihn hierzu nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verpflichten. Andere Aufsichtsmittel kann sie nur anwenden, wenn sie dazu gesondert ermächtigt wird. Für das Recht der GUV findet sich eine solche Ermächtigung allerdings nur im Bereich des Erlasses von Satzungen (§ 114 Abs. 2). Auf dem Gebiet der Prävention in der GUV übt die Rechtsaufsichtsbehörde gleichzeitig die Fachaufsicht aus. Diese Aufsicht erstreckt sich auch auf den Umfang und die Zweckmäßigkeit der von den Trägern der GUV herangezogenen Maßnahmen (§ 87 Abs. 2 SGB IV).

 

Rz. 7

Der Unterschied von Rechts- und Fachaufsicht verdeutlicht sich an dem unbestimmten Rechtsbegriff "erforderliche[n] Zahl" i. S. d. § 18 Abs. 1. Die Rechtsaufsichtsbehörde muss dem Träger der GUV eine gewisse Gestaltungsmöglichkeit ("Einschätzungsprärogative") bei der Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs zugestehen. Die Fachaufsichtsbehörde kann demgegenüber ihre eigenen Überlegungen dazu anstellen, ob die Zahl der vom Träger der GUV beschäftigten Aufsichtspersonen eine wirksame Überwachung und Beratung gemäß § 17 gewährleistet.

2.3 Prüfung

2.3.1 Prüfungsnachweis

 

Rz. 8

Nur durch den Nachweis seiner Befähigung mittels einer (bestandenen) Prüfung darf jemand gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 als Aufsichtsperson beschäftigt werden. Das Wort "beschäftigt" bringt zum Ausdruck, dass ein fehlender Nachweis ohne Auswirkung auf den zugrunde liegenden Arbeitsvertrag bleibt. Lediglich die konkrete Ausübung der Tätigkeit als Aufsichtsperson ist untersagt.

Wird gleichwohl jemand ohne diesen Nachweis wie eine Aufsichtsperson tätig, so ist eine von dieser Person nach § 19 Abs. 1 getroffene Anordnung (formell) rechtswidrig, da (sachlich) zuständig für solche Anordnungen nur eine Aufsichtsperson ist.

2.3.2 Prüfungsordnung

 

Rz. 9

Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 hat jeder Träger der GUV eine Prüfungsordnung zu erlassen. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass sich mehrere Träger der GUV im Vorfeld auf eine sog. Musterprüfungsordnung verständigen. In der Praxis ist dies unter den gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Unfallkassen erfolgt. Innerhalb des Trägers der GUV ist die Vertreterversammlung für den Erlass der Prüfungsordnung als autonomes Recht nach §§ 31 Abs. 2, 33 Abs. 1 Satz 1 SGB IV funktional zuständig.

 

Rz. 10

Die Prüfungsordnung muss auf die fachliche Eignung zur Überwachung und Ber...

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