Rz. 51

Die Befreiung erstreckt sich gemäß Abs. 5 Satz 1 nur auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auf die ihrer Erteilung zugrundeliegende "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt (BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 12 R 3/11 R; BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 12 R 5/10 R). Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ist daher stets tätigkeitsbezogen und nicht berufs- oder personenbezogen. Ein einmal erteilter Befreiungsbescheid für eine konkrete Tätigkeit kann daher für eine inhaltlich vollständig andere Tätigkeit keine Wirkung entfalten (BSG, Urteil v. 13.12.2018, B 5 RE 3/18 R, Rz. 4; BSG, Urteil v. 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 R, Rz. 4).

 

Rz. 52

Die für eine konkrete Beschäftigung erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erledigt sich daher bei einer wesentlichen Änderung der Tätigkeit im fortbestehenden Arbeitsverhältnis auf sonstige Weise; § 39 Abs. 2 SGB X (BSG, Urteil vom 16.6.2021, B 5 RE 4/20 R). Deshalb verliert eine einmal erteilte Befreiung bei einer wesentlichen Änderung der Tätigkeit oder einem Wechsel des Arbeitgebers ihre Wirkung, weil damit das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis beendet wird. Jeder Wechsel der tatsächlich ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit und auch jeder Arbeitgeberwechsel machen daher regelmäßig einen neuen Befreiungsantrag i. S. d. Abs. 1 Satz 1 notwendig; es sei denn, die Voraussetzungen für eine Erstreckung i. S. d. Satzes 2 liegen vor.

 

Rz. 53

Regelmäßig unproblematisch ist der Arbeitgeberwechsel (zum Sonderfall des Betriebsübergangs vgl. sogleich unter Rz. 72 f.), weil und soweit hier das von der Befreiung erfasste Arbeitsverhältnis beendet wurde und ein neues Arbeitsverhältnis begründet wird.

 

Rz. 54

Bei einer Änderung der Tätigkeit bei Beibehaltung des Arbeitgebers verliert eine einmal erteilte Befreiung jedenfalls dann ihre Wirkung, wenn sich die Tätigkeit in ihren wesentlichen Bestandteilen ändert. Das Gesetz gibt für den Begriff "wesentlich" keine Definition vor. Ob eine wesentliche Änderung derjenigen Beschäftigung vorliegt, für die ursprünglich eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt worden ist, ist daher Tatfrage und kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Es ist anhand einer wertenden Gewichtung zu beurteilen, ob die Änderung der Tätigkeit als wesentlich anzusehen ist (BSG, Urteil v. 16.6.2021, B 5 RE 4/20 R, Rz. 30). Als wesentliche Änderung können nach der hier vertretenen Auffassung alle jene Änderungen angesehen werden, die nicht vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht erfasst sind und deshalb entweder nur einvernehmlich herbeigeführt oder i. S. d. § 1 Abs. 1 KSchG nur durch Änderungskündigung erreicht werden können. Wesentlich kann insbesondere ein Aufstieg zu einem leitenden Angestellten sein, der nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb typische Unternehmeraufgaben wahrnimmt (vgl. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG). Gleiches gilt für einen Statuswechsel vom Angestellten zum Mitglied eines Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person des Arbeitgebers berufen ist und als solches gesellschafts- und organrechtlichen Weisungen unterliegt. Eine wesentliche Änderung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Spezifika der Tätigkeit, für die die Befreiung ursprünglich erteilt wurde, in der nunmehr ausgeübten Tätigkeit keine oder nur noch eine untergeordnete Rolle spielen (BSG, Urteil v. 16.6.2021, B 5 RE 4/20 R, Rz. 30). Auch die Einräumung zusätzlicher Entscheidungskompetenzen sprechen für eine wesentliche Änderung.

 

Rz. 55

Unwesentlich sind dagegen solche Tätigkeitsänderungen, die vom Direktionsrecht des Arbeitgebers erfasst werden, so z. B. wenn ein Syndikusanwalt innerhalb einer Rechtsabteilung lediglich ein anderes Rechtsgebiet bearbeiten soll. Gleiches gilt für einen Stationswechsel eines Arztes im Krankenhaus. Auch reine innerbetriebliche Änderungen der Organisationsstruktur sind unschädlich.

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