Rz. 30a

Die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit neben dem Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) hat nach den Vorschriften des SGB VI versicherungs-, beitrags- und leistungsrechtliche Auswirkungen. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Erwerbstätigkeit vor oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze eines Versicherten ausgeübt wird. Die jeweilige Regelaltersgrenze ergibt sich (u. a.) in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang eines Versicherten aus §§ 35 Satz 2, 235 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2.

2.6.1 Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze

 

Rz. 31

Soweit neben dem Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) vor Erreichen der Regelaltersgrenze aufgrund der Ausübung einer abhängigen Beschäftigung Arbeitsentgelt (§§ 7 Abs. 1, 14 Abs. 1 SGB IV) erzielt wird, besteht gemäß § 1 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung; dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine Vollrente wegen Alters handelt (Umkehrschluss aus § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1). In diesen Fällen sind die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge gemäß § 168 Abs. 1 sowohl vom Versicherten als auch von seinem Arbeitgeber zu tragen (Beitragspflicht).

Für Beiträge, die nach Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wurden, sind gemäß § 76d Zuschläge an Entgeltpunkten zu ermitteln, die nach § 66 Abs. 3a Satz 1 nach Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze rentensteigernd zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis können durch diese zusätzlichen Beitragszahlungen sowohl Rentenabschläge (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Bst. a) aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ausgeglichen[1] als auch weitere Rentenanwartschaften aufgebaut werden.

Die vorgenannten Rechtsfolgen ergeben sich auch, wenn ein Versicherter vor Erreichen seiner Regelaltersgrenze eine nach § 2 oder § 4 Abs. 2 versicherte selbständige Tätigkeit ausübt. Die Beitragspflicht ist für diesen Personenkreis in § 169 Nr. 1 bis 4 geregelt. Danach hat ein selbständig Tätiger die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich allein zu tragen (§ 169 Nr. 1). Abweichend von diesem Grundsatz erfolgt die Beitragstragung durch die

  • Künstlersozialkasse, wenn ein Versicherter als Künstler oder Publizist nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) rentenversicherungspflichtig ist (§ 169 Nr. 2),
  • Versicherten und ihre Arbeitgeber, wenn ein Versicherter als Hausgewerbetreibender selbständig oder ehrenamtlich tätig ist (§ 169 Nr. 3 und 4).
[1] Ein Ausgleich von Rentenabschlägen i. S. v. § 77 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a ist darüber hinaus auch durch Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters gemäß § 187a Abs. 1 zulässig (= Zahlung von Beiträgen in besonderen Fällen).

2.6.2 Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze

 

Rz. 32

Für Versicherte, die nach Erreichen ihrer Regelaltersgrenze neben dem Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) als Vollrente wegen Alters eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt (§§ 7 Abs. 1, 14 Abs. 1 SGB IV) ausüben, besteht gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 grundsätzlich Versicherungsfreiheit. Abweichend hiervon können Versicherte gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Der Verzicht ist nur mit Wirkung für die Zukunft (= Tag nach Abgabe der Erklärung beim Arbeitgeber, § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 analog) zulässig und für die Dauer der Beschäftigung bindend (§ 5 Abs. 4 Satz 3). Bei Ausübung mehrerer Beschäftigungen beschränkt sich der Verzicht auf die Versicherungsfreiheit auf die Beschäftigung, für die er ausgesprochen worden ist (vgl. DRV Bund, Auslegungsfrage 2 zum Flexirentengesetz).

Auch für selbständig Tätige, die dem in § 2, § 4 Abs. 2 genannten Personenkreis angehören, besteht die Möglichkeit des Verzichts auf die Versicherungsfreiheit. Die Verzichtserklärung ist von ihnen allerdings gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger abzugeben (§ 5 Abs. 4 Satz 4).

Ein wirksamer Verzicht auf die grundsätzlich bestehende Versicherungsfreiheit i. S. v. § 5 Abs. 4 Satz 2 bis 4 hat folgende versicherungs-, beitrags- und leistungsrechtliche Folgen:

  • Eintritt von Versicherungspflicht gemäß § 1, § 2 oder § 4 Abs. 2 vom Tag nach Abgabe der Verzichtserklärung gegenüber dem Arbeitgeber bzw. dem zuständigen Rentenversicherungsträger,
  • Beitragspflicht des Versicherten und seines Arbeitgebers für abhängig Beschäftigte gemäß § 168 Abs. 1 sowie des selbständig Tätigen gemäß § 169 Nr. 1 (beachte: Besonderheiten zur Beitragstragung für selbständig Tätige gemäß § 169 Nr. 2 bis 4, vgl. Rz. 31),
  • Berücksichtigung von Zuschlägen an Entgeltpunkten für Beiträge nach Beginn einer Rente wegen Alters (§ 76d), die gemäß § 66 Abs. 3a Satz 1 letzter HS zum 1.7. eines jeden Jahres rentensteigernd zu berücksichtigen sind; dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1.7. die für das vergangene Kalenderjahr zu ermittelnden Zuschläge maßgebend (§ 66 Abs. 3a Satz 2).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge