0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 110a bildet zusammen mit den Regelungen den §§ 110b bis 110d nunmehr den Neunten Abschnitt des SGB IV, der durch Art. 47 Nr. 4, Art. 74 Abs. 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (VwVfÄndG) v. 21.8.2002 (BGBl. I S. 3322) unter der Überschrift "Aufbewahrung von Unterlagen" mit Wirkung zum 1.2.2003 dem SGB IV eingefügt wurde. § 110a gilt seither unverändert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) ist Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a mit Wirkung zum 1.1.2016 geändert worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Regelungen sind im Gesamtzusammenhang mit dem Anliegen des VwVfÄndG zu sehen. Dieses Gesetz novelliert in umfassender Weise das gesamte Verwaltungsrecht mit dem Ziel, die Verwaltung für den elektronischen Rechtsverkehr tauglich zu machen (vgl. Roßnagel, NJW 2003 S. 469). Insbesondere wurden die Verfahrensgesetze für das Verwaltungs-, Sozialverwaltungs- und das Steuerverfahren novelliert. Das Haupthindernis für den elektronischen Rechtsverkehr war dabei die bisherige ausschließliche Orientierung des Verwaltungsrechts an dem materiellen Informationsträger Papier. Das VwVfÄndG hat diese Orientierung weitgehend beseitigt und die Verwaltungstätigkeit dem elektronischen Rechtsverkehr geöffnet. Für den Bereich des Sozialrechts ist dabei die Generalklausel für die elektronische Kommunikation und Form in § 36a SGB I und die Regelung zum elektronischen Verwaltungsakt sowie zur Beglaubigung in §§ 33 und 29 SGB X übernommen worden. Diese Vorschriften sind im Wesentlichen wortgleich mit den Änderungen des VwVG, der Rechtsquelle für das allgemeine Verwaltungsrecht.

 

Rz. 3

An diese rechtlichen Grundlagen anknüpfend, geben die in das SGB IV aufgenommenen Vorschriften der §§ 110a bis 110d SGB IV – abgestellt auf die Belange der Sozialversicherungsträger einschließlich der Bundesagentur für Arbeit – erste Antworten auf die Fragen, was in Anbetracht der von den Leistungsträgern genutzten Mitteln der elektronischen Datenspeicherung und -nutzung für Aufbewahrung und Aufbewahrungsfristen, Akteneinsicht, Rückgabe und Vernichtung von Unterlagen und ihre Beweiswirkung zu gelten hat. Erstaunlicherweise haben diese Regelungen keine Entsprechungen in den anderen Verwaltungsbereichen, für die sie aber zum Vorbild werden könnten (vgl. Roßnagel, Das elektronische Verwaltungsverfahren, NJW 2003 S. 475).

 

Rz. 4

Im Einzelnen enthält § 110a als die Grundnorm für die weiteren Vorschriften des Siebten Abschnitts

  • in Abs. 1 die Verpflichtung der Leistungsträger, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen aufzubewahren, und zwar "nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Aufbewahrung". Damit wird zuerst einmal die Aufbewahrungspflicht allgemein normiert.
  • in Abs. 2 die Kann-Bestimmung, dass dies unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur in Papierform, sondern anstelle von Papier auf dauerhaften Datenträgern geschehen kann. Damit wird die Aufbewahrung auf Bildträgern und anderen dauerhaften Datenträgern zugelassen und zugleich ein Kriterienkatalog aufgestellt.
  • in Abs. 3 das Verfahren der Gewährung von Akteneinsicht. Geregelt wird damit, dass das Recht auf Akteneinsicht und das Fertigen von Abschriften durch das Aufbewahren ohne Papier nicht beeinträchtigt wird.
  • in Abs. 4 eine Übergangsregelung für den Fall, dass Unterlagen vor dem 1.2.2003 als Wiedergabe auf einem Bildträger aufbewahrt werden. Es wird sichergestellt, dass die Unterlagen nicht erneut bearbeitet werden müssen.

2 Rechtspraxis

2.1 Grundsätze ordnungsmäßiger Aufbewahrung (Abs. 1)

2.1.1 Von der Vorschrift erfasste Unterlagen

 

Rz. 5

Nach Abs. 1 bezieht sich die Aufbewahrungspflicht auf die Unterlagen des Leistungsträgers, die für seine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, insbesondere für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens oder für die Feststellung einer Leistung, erforderlich sind. Diese Unterlagen sind nach den Grundätzen ordnungsmäßiger Aufbewahrung aufzubewahren.

Erforderlich in diesem Sinne sind solche Unterlagen, bei denen es um den eigentlichen Zweck der Verwaltungstätigkeit geht, z. B. um die Bewilligung einer Sozialleistung. Bei den RV-Trägern gliedern sich diese Unterlagen üblicherweise in einen Versicherungsteil, einen Verwaltungsteil, einen Rechnungs- und Zahlungsteil sowie einen medizinischen Teil.

Nicht erfasst von der Regelung sind dagegen etwa Unterlagen für das interne Rechnungswesen, Personalunterlagen und sonstige Geschäftsunterlagen. (vgl. BT-Drs. 14/9000 S. 46 zu § 110a Abs. 1). Damit nach bestandskräftigem Abschluss des Verwaltungsverfahrens die Aufbewahrungsfrist nicht endet, bestimmt § 110c weitere Aufbewahrungsfristen.

2.1.2 Zu beachtende Grundsätze

 

Rz. 6

Wenn das Gesetz für die Behandlung der Unterlagen auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Aufbewahrung verweist, so verwendet es damit einen sog. unbestimmten Rechtsbegriff, überlässt es also der Rechtspraxis und der Rechtsprechung, den Begriff exakt auszuformen.,

 

Rz. 7

Die Art und Weise, wie der Begriff der Grundsätze ordnungsmäßiger Aufbewahrung von der Rechtspraxis auszuformen ist, ist Teil des Auftrags, den § 11...

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