Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Bezugszeitraum. Anrechnung von anderen Leistungen. Mutterschaftsgeld. anteiliger Anspruch für einen Lebensmonat des Kindes. anteilige fiktive Elterngeldbezugszeit. Gleichheitssatz. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 4 Abs 3 S 2 BEEG lässt mehrere Auslegungen zu und ist unter Beachtung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Lebensmonate des Kindes, in denen anzurechnende Leistungen wie das Mutterschaftsgeld nur anteilig zustehen, auch nur anteilig als fiktive Elterngeldbezugszeit der Mutter des Kindes gelten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.05.2011; Aktenzeichen B 10 EG 11/10 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Januar 2008 aufgehoben und der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 6. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2007 verurteilt, dem Kläger Elterngeld für weitere 30 Tage in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Elterngeld für den 12. Lebensmonat des Kindes streitig. Streitig ist dabei insbesondere, ob der Bezug von Mutterschaftsgeld lediglich am ersten Tag des dritten Lebensmonats zu einem Verbrauch des Anspruchs auf Elterngeld für den gesamten Monat führt.

Der Kläger und seine Ehefrau, Frau EA., sind Eltern des 2007 geborenen Kindes LA.. Sie stellten am 26. Februar 2007 Antrag auf Elterngeld und legten für den Kläger einen Bezugszeitraum vom 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Aus einem Schreiben der Krankenkasse vom 15. Februar 2007 ergibt sich, dass der Ehefrau des Klägers ab dem 31. Dezember 2006 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € kalendertäglich gewährt wurde. Der Bezug des Mutterschaftsgeldes endete mit dem 8. April 2007. Durch Bescheid vom 6. März 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger das beantragte Elterngeld für die Zeit vom 8. Februar 2007 bis 7. Januar 2008 in Höhe von 580,16 € monatlich. Der Beklagte wies darauf hin, die Mutterschutzfrist der Ehefrau des Klägers beziehe sich auf 3 Lebensmonate, so dass nach § 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) drei Lebensmonate als von der Mutter verbraucht gelten würden. Da sich der Anspruch für beide Eltern auf insgesamt 14 Lebensmonate erstrecke, sei der Anspruchszeitraum um einen Monat auf insgesamt 11 Lebensmonate verkürzt worden.

Der Kläger erhob Widerspruch am 21. März 2007 und machte geltend, ihm stehe Elterngeld für 12 Monate zu. Mutterschaftsgeld sei in der Zeit vom 31. Dezember 2006 bis 8. April 2007 bezogen worden, weil der Geburtstermin mit dem 11. Februar 2007 errechnet worden sei. Er verstehe nicht, warum sein Anspruch auf Elterngeld von der Dauer des Mutterschutzes abhängen solle. Durch Widerspruchsbescheid vom 27. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, nach § 4 Abs. 1 S. 1 (gemeint Abs. 3 S. 1) BEEG könne ein Elternteil höchstens für 12 Lebensmonate Elterngeld beziehen. Nach S. 2 dieser Vorschrift (gemeint Abs. 3 S. 2) würden Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs. 1 oder 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustehen würden, als Monate gelten, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe. Hier habe die Ehefrau des Klägers Mutterschaftsgeld, das eine Leistung im Sinne des § 3 Abs. 1 BEEG sei, bis zum 8. April 2007 erhalten. Am 8. April 2007 beginne der dritte Lebensmonat des Kindes LA. mit der Folge, dass gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 (gemeint Abs. 3 S. 2) BEEG die Lebensmonate eins (8. Februar bis 7. März 2007), zwei (8. März bis 7. April 2007) und drei (8. April bis 7. Mai 2007) als Monate gelten würden, für die die Ehefrau als für das Mutterschaftsgeld berechtigte Person Elterngeld beziehe, auch wenn dies nicht ausdrücklich beantragt worden sei. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts dadurch, dass im dritten Lebensmonat der Tochter nur am ersten Tag Anspruch auf Mutterschaftsgeld bestanden habe. Im Ergebnis seien drei Monate als Elterngeldbezug verbraucht.

Mit der am 10. April 2007 erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und trug vor, der von dem Frauenarzt seiner Ehefrau errechnete Geburtstermin sei der 11. Februar 2007 gewesen. Für einen Zeitraum von acht Wochen nach diesem errechneten Termin werde das Mutterschaftsgeld gezahlt. Tatsächlich sei das Kind drei Tage vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt gekommen. Dies könne nach dem Sinn des BEEG nicht dazu führen, dass der Bezug des Mutterschaftsgeldes während der Regeldauer von acht Wochen zu einer Vernichtung des Anspruchs von Leistungen nach dem BEEG für einen vollen Monat führe, wenn das Mutterschaftsgeld nur für einen einzigen Tag des dritten Monats nach der Geburt des Kindes bezogen worden sei. Im Übrigen spreche § 3 Abs. 1 BEEG ausdrücklich von einer Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf das Elterngeld. Inso...

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