Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. selbstständige Tätigkeit. Kleinlandwirt. Gewinnermittlung im Bezugszeitraum. keine anteilige Umrechnung des Einkommens nach dem Steuerbescheid. grundsätzlich taggenaue Gewinn-Verlust-Aufstellung. pauschalierte Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG. Anwendbarkeit des § 2 Abs 3 BEEG nach teleologischer Reduktion. Änderung der Besteuerungsgrundlagen zwischen Bemessungs- und Bezugszeitraum. einheitliche Grundsätze zur Gewinnermittlung im Bemessungs- und Bezugszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung von Gewinneinkünften im Bezugszeitraum nach § 2d Abs. 3 Satz 1 BEEG ist grundsätzlich eine mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechende Gewinnermittlung zugrundezulegen.

2. Nach Durchschnittssätzen ermittelte Gewinne gem. § 13a EStG sind im Wege der teleologischen Reduktion mit einzubeziehen, wenn auch im Bemessungszeitraum Gewinne hiernach ermittelt wurden.

3. Ändert der Gesetzgeber die hierfür maßgebenden Pauschalen zwischen beiden Zeiträumen, ist die im Bemessungszeitraum angewandte Gewinnermittlungsvorschrift (bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen) auch im Bezugszeitraum anzuwenden.

 

Orientierungssatz

Für die Gewinnermittlung im Bezugszeitraum kann ein Steuerbescheid nicht als maßgeblicher Nachweis für erzieltes Einkommen herangezogen werden, da das auf den Bezugszeitraum anteilig umgerechnete Einkommen, das die elterngeldberechtigte Person im jeweiligen Veranlagungszeitraum hat, keine zuverlässigen Rückschlüsse auf das tatsächliche Einkommen im Bezugszeitraum erlaubt.

 

Normenkette

BEEG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1-3, § 8 Abs. 3 S. 1 Nrn. 2-3; EStG § 13 Abs. 1 Fassung: 2009-10-08, Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 4 Abs. 1, 3, § 52 Abs. 22a Sätze 1-2; SGB IV § 15 Abs. 2; SGB X § 39 Abs. 2; SGG § 54 Abs. 2, § 160 Abs. 2 Nr. 1

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 25. September 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger auch für das Berufungsverfahren die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die endgültige Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Der 1983 geborene Kläger ist mit B. A. verheiratet. Beide sind die Eltern der 2014 geborenen C. A. und der 2015 geborenen D. A.

Am 12. Februar 2016 beantragte der Kläger die Gewährung von Elterngeld für seine Tochter D. A. bei dem Beklagten. In dem formularmäßigen Vordruck gab er an, vor der Geburt des Kindes Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und Gewinneinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben. Seinem Antrag fügte er die Lohnabrechnungen aus der Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 der E. Handel und Logistik GmbH bei, deren Geschäftsführer er ist. Des Weiteren legte er den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vor, in welchem Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 980,00 € bei ihm ausgewiesen waren und teilte mit, dass sich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2014 auf 0,00 € beliefen.

Mit Bescheid vom 20. April 2016 gewährte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG dem Kläger vorläufig Elterngeld für den 3. bis 13. Lebensmonat seiner Tochter D. A. in Höhe von 1.120,15 € monatlich. Hierbei legte er ein durchschnittliches monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum (Januar bis Dezember 2014) in Höhe von 1.566,65 € zugrunde. Dies ergab sich aus dem Bruttoverdienst der nichtselbstständigen Tätigkeit gemindert um die Arbeitnehmerpauschale, abzüglich der Summe der Steuern und Sozialabgaben. 65 % hiervon entsprächen 1.018,32 € und führten zuzüglich des Geschwisterbonus in Höhe von 101,83 € zu dem gewährten Betrag von 1.120,15 € Elterngeld monatlich. Da das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in dem nach § 2b BEEG maßgeblichen Zeitraum nicht abschließend ermittelt werden könne, erfolge die Zahlung des Elterngeldes bis zum Nachweis des tatsächlichen Einkommens vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens. Das Einkommen sei nach Ablauf des Bezugszeitraums nachzuweisen. Eventuell zu viel gezahltes Elterngeld werde - ohne, dass es weiterer Voraussetzungen zur Erstattungspflicht bedürfe - zurückgefordert, zu gering gezahltes Elterngeld werde nachgezahlt. Zur endgültigen Feststellung sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vorzulegen. Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Bezugszeitraum des Elterngeldes voraussichtlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit haben werde, erfolge die Gewährung des Elterngeldes auch aus diesem Grunde vorläufig. Das Einkommen und die Arbeitszeit seien nach Ablauf des Bezugszeitraums durch die Vorlage monatlicher betriebswirtschaftlicher Auswertungen bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von Februar 2016 b...

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