Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung mit Abfindung. Pfändungsschutz von Sozialversicherungsbeiträgen. Nettobetrag maßgeblich

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen den Abfindungsanspruch eines Arbeitnehmers gem. §§ 9,10 KSchG kann der Arbeitgeber mit Rückforderungsansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung nur in Höhe des Nettobetrages aufrechnen, da Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge gem. § 850e ZPO der Pfändung entzogen sind (wie LAG Düsseldorf 18.08.2012 - 12 Sa 650/10).

 

Normenkette

BGB § 394; ZPO §§ 850 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.06.2012; Aktenzeichen 10 Ca 1380/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin und des Beklagten werden jeweils auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Klägerin, nicht jedoch für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts, mit dem das vormals bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wurde.

Dem vorliegenden ging ein Rechtsstreit der Parteien mit umgekehrtem Rubrum voraus, in dem sie über die Wirksamkeit zweier Kündigungen der jetzigen Klägerin vom 16. März 2010 und 06. April 2010, einen Weiterbeschäftigungsanspruch und Annahmeverzugsansprüche des jetzigen Beklagten stritten. Unter dem Aktenzeichen 10 Ca 1162/10 verurteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Klägerin durch Urteil vom 31. August 2010 u.a. dazu, den Kläger weiter zu beschäftigen und ihm für die Monate Juli und August 2010 jeweils 6.685,35 € brutto abzüglich 2.23050 € netto zuzüglich Zinsen zu zahlen.

Mit Schreiben vom 08. September 2010 (Bl. 42 d.A.) forderte der Beklagte die Klägerin zur Weiterbeschäftigung und Zahlung auf. In der Folge telefonierten die Prozessbevollmächtigten beider Parteien mehrfach miteinander. In diesen Gesprächen wurden jedenfalls die Weiterbeschäftigung des Beklagten, die mögliche Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 31. August 2010 sowie die Zahlung der Vergütung ab dem 01. September 2010 thematisiert. Der Klägervertreter wies auch auf die Möglichkeit eines Auflösungsantrags in der Berufungsinstanz und dessen Konsequenzen hin. In einer E-Mail vom 30. September 2010 (Bl. 91 d.A.) erklärte der Klägervertreter u.a.:

"Wie bereits telefonisch angekündigt [...] erklärt sich meine Mandantin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Rückforderung bereit, zunächst auch das Gehalt für den Monat September 2010 zu zahlen. [...]"

Am 30. September 2010 wurde der Klägerin das Urteil vom 31. August 2010 zugestellt; am 01. Oktober 2010 legte sie hiergegen Berufung ein und stellte den bereits avisierten Auflösungsantrag. Ihr Antrag, die Zwangsvollstreckung einzustellen, wies das Berufungsgericht am 04. November 2011 zurück.

Die Klägerin zahlte dem Beklagten für die Monate September und Oktober 2010 jeweils 6.527,00 € brutto zur Vermeidung der drohenden Zwangsvollstreckung, ohne ihm dies besonders mitzuteilen.

Unter dem 17. November 2010 schrieb der Prozessbevollmächtigte des Beklagten einen Brief, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 104 d.A. verwiesen wird und in dem es u.a. hieß:

"Ferner habe ich darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt nunmehr weiterzuführen ist.

Bislang hatten wir miteinander vereinbart, dass eine Vollstreckung nicht erfolgt, wenn die Gehaltszahlungen weiterlaufen.

Ich gehe davon aus, dass Herrn A das Gehalt für November ebenso wie die nachfolgenden Gehälter gezahlt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werde ich die tatsächliche Beschäftigung meines Mandanten im Wege der Vollstreckung weiterführen."

In der Folge zahlte die Klägerin dem Beklagten für die Monate November 2010 bis Mai 2011 monatlich 6.527,00 € brutto. Der Beklagte war nicht gesetzlich krankenversichert; die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden ihm unmittelbar ausgezahlt. Wegen der Berechnung der Beträge im Einzelnen wird auf Bl. 67 - 70 d.A. verwiesen.

Die Klägerin beschäftigte den Beklagten nicht mehr. Sie überwies nach einer Überleitungsanzeige der Bundesagentur für Arbeit vom 16. März 2011 dieser insgesamt 15.220,14 €, bezogen auf den Zeitraum vom 12. Juni bis 30. November 2010.

Durch Urteil vom 23. Mai 2011 - Az. 7 Sa 1523/10 - löste die Kammer das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2010 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 21.300,00 € brutto auf und verurteilte die Klägerin zur Zahlung der Vergütung für die Monate April, Mai und Juni 2010 in Höhe von jeweils 6.685,35 € brutto abzüglich 1.138,30 € netto nebst Zinsen. Wegen dieses Urteils wird auf Bl. 72 - 90 d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche geltend und erklärte schließlich mit Schreiben vom 20. Februar 2012 die Aufrechnung mit diesen Forderungen gegen die Forderung des Beklagten auf Zahlung der Abfindung. Wegen des Inhalts der Schreiben wird auf Bl. 12f und Bl. 15f d.A. Bezug g...

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