Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der Kostenerstattung des Betriebsrats für die Beratung durch einen Rechtsanwalt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abgrenzung zwischen § 40 Absatz 1 BetrVG und § 80 Absatz 3 BetrVG richtet sich nach der Art der Tätigkeit des Rechtsanwalts: Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von Rechten des Betriebsrats anfallen, sind nach § 40 Absatz 1 BetrVG erstattungsfähig. Wird der Rechtsanwalt dagegen vom Betriebsrat zur Beratung hinzugezogen, sind die Kosten nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 80 Absatz 3 BetrVG erstattungsfähig.

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 3, § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.06.2015; Aktenzeichen 6 BV 591/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2015 - 6 BV 591/14 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Betriebsrats von einer Kostenrechnung seiner Rechtsanwältin.

Der Arbeitgeber (Beteiligter zu 2) befasst sich mit dem Bau und der Erhaltung von Rolltreppen und Aufzügen. Sein Unternehmen ist an 30 Standorten in Deutschland tätig, die in 12 Betrieben im Sinne des BetrVG zusammengefasst sind. Insgesamt werden mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt. Ein Gesamtbetriebsrat ist gebildet. Antragsteller ist der im Betrieb Frankfurt am Main gewählte, aus 7 Mitgliedern bestehende, Betriebsrat.

Der Arbeitgeber plante die Reorganisation seines Innendienstes und sandte dem Betriebsrat unter dem 17. März 2014 ein Schreiben, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 44-57 der Akten Bezug genommen wird. Dort heißt es:

"Wir gehen davon aus, dass auch auf ihrer Seite die Auffassung besteht, dass die Verhandlungen zentral mit dem Gesamtbetriebsrat geführt werden sollen, da es sich ohne jeden Zweifel um eine unternehmensweite, betriebsübergreifende Maßnahmen handelt. Für den Fall, dass sie gleichwohl sich mit dem Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG beraten wollen, stehen wir Ihnen jederzeit hierfür gerne zur Verfügung. Für diesen Fall bitten wir um eine kurze Nachricht und um die Unterbreitung von Terminvorschlägen".

In seiner Sitzung vom 17. März 2014, an der alle Betriebsratsmitglieder teilnahmen, fasste der Betriebsrat nach Erweiterung der Tagesordnung folgenden Beschluss: "Beschlussfassung gem. § 80 Abs. 1 BetrVG für die Beauftragung eines Rechtsanwalts, aufgrund fehlender Sachkenntnis über die bevorstehende Zentralisierung des kompletten Innendienstes (Informationsveranstaltung der Regionsleitung vom 17. März 2014-11:00 Uhr)

Der Betriebsrat hat beschlossen, das Rechtsanwaltsbüro A in Frankfurt am Main zur rechtlichen Beratung bezüglich der Reorganisation Innendienst zu beauftragen." Der Beschluss wurde mit 7 Ja-Stimmen einstimmig angenommen.

Mit Schreiben vom 15. April 2014 (Bl. 4, 5 der Akte) wandte sich die vom Betriebsrat beauftragte Rechtsanwältin an den Arbeitgeber. Dort heißt es wie folgt: "Um die Vor- und Nachteile der Übertragung des Verhandlungsmandats auf den Gesamtbetriebsrat einschätzen und abwägen zu können, bedarf der Frankfurter Betriebsrat eines rechtlichen Beistands. Er sieht sich nicht in der Lage, diese Fragen, die doch erhebliche Komplexität aufweisen, allein sachkundig zu beantworten. Ich darf Sie deshalb bitten, dieses Schreiben nochmals mit ihren rechtlichen Beratern zu erörtern und dem Betriebsrat einen eigenen rechtlichen Beistand zu bewilligen."

Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Hinzuziehung der Rechtsanwältin als Sachverständige kam nicht zu Stande.

Der Betriebsrat entschloss sich, die Verhandlungen über die Reorganisation des Innendienstes dem Gesamtbetriebsrat zu überlassen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2015 (Bl. 6 d.A.) stellte die Rechtsanwältin dem Betriebsrat 2611,93 € in Rechnung. Der Arbeitgeber lehnte eine Freistellung des Betriebsrats hiervon ab.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I (Bl. 133-138 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Ein Anspruch aus § 80 Abs. 3 BetrVG scheitere daran, dass zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber keine Vereinbarung über die Hinzuziehung eines Sachverständigen getroffen wurde. Die Kosten für die rechtliche Beratung fielen auch nicht in den Anwendungsbereich des § 40 BetrVG. Ein konkreter Konflikt zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber sei im Zeitpunkt der Mandatierung nicht gegeben gewesen.

Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 23. Juli 2015 zugestellt. Sie hat dagegen mit einem am 4. August 2015 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese am 8. September 2015 begründet.

Der Betriebsrat behauptet, die Beauftragung des Rechtsanwaltsbüros sei erfolgt, um das Recht des Betriebsrats zur Verhandlung über den Sozialplan klarzustellen. Der Konflikt zwischen...

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