Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit einer Einigungsstelle. Fehlt in einer für die Zuständigkeit der Einigungsstelle relevanten Rechtsfrage höchstrichterliche Rechtsprechung und wird die Frage in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte uneinheitlich beantwortet, besteht regelmäßig kein Raum für die Annahme einer offensichtlichen Unzuständigkeit. Beschwerde. Beisitzerbestellung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Einigungsstelle über die Berechtigung der Beschwerde eines Arbeitnehmers gemäß § 85 Abs. 2 BetrVG genügt in der Regel die Bestellung eines Beisitzers pro Seite.

 

Normenkette

BetrVG § 85 Abs. 2; ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 76 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.08.2009; Aktenzeichen 8 BV 486/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2009 – 8 BV 486/98 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:

Der Präsident des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main A wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema „Berechtigung der Beschwerde der Arbeitnehmerin B vom 24. Februar 2009” bestellt.

Die Zahl der Beisitzer beträgt einer pro Seite.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle wegen der Beschwerde einer Arbeitnehmerin.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt eine Fluggesellschaft. Die antragstellende Gruppenvertretung repräsentiert auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) die von der Arbeitgeberin beschäftigten Stewardessen und Stewards. In den § 74, 75 TV PV ist ein den §§ 84, 85 BetrVG entsprechendes Beschwerdeverfahren vorgesehen. Ergänzt wird diese Regelung durch die von der Gesamtvertretung des fliegenden Personals mit der Arbeitgeberin am 03. April 1980 geschlossene Betriebsvereinbarung Beschwerdeverfahren (BVB), deren § 1 Abs. 1 folgenden Wortlaut hat:

„Jeder Mitarbeiter hat das Recht, sich zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Unternehmens benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Einwände gegen Leistungsbeurteilungen fallen nicht unter diese Betriebsvereinbarung. Sie sind entsprechend den Regeln über das Beurteilungswesen zu behandeln.”

Die Beschwerdeführerin ist Stewardess. Die Arbeitgeberin erteilte ihr unter dem 28. Januar 2009 zwei Abmahnungen wegen des Vorwurfs, dass sie sich in zwei Fällen gegenüber Fluggästen nicht korrekt verhalten habe. Die Beschwerdeführerin reichte mit Schreiben vom 24. Februar 2009 eine Beschwerde ein, in der sie Folgendes ausführte:

„Sehr geehrte Damen und Herren

Hiermit beschwere ich mich bei der Personalvertretung über die Teamleiterin Frau C.

BEGRÜNDUNG:

Sie hat bei der Erteilung von 2 Abmahnungen aufgrund zweier unterschiedlicher Passagierbeschwerden keinerlei Anstrengungen unternommen, meine gegenteiligen Aussagen zu verifizieren. Sie hat es unterlassen, den Purser des Fluges von München nach Istanbul am 21.11.2008 auf diesen Vorfall zu befragen und/oder den Passagier zu befragen, wie der FB ausgesehen haben soll, der das Schild trug. Ich habe diese Abmahnungen aufgrund dieser Passagierbeschwerden erhalten. Meine Aussagen wurden in keinster Weise berücksichtigt oder in irgend einer Weise nachgegangen.”

Die Gruppenvertretung erklärte die Beschwerde für berechtigt und strebt, nachdem die Arbeitgeberin eine Abhilfe verweigerte, im vorliegenden Verfahren die Bestellung einer Einigungsstelle an. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen, da die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Die Beschwerdeführerin beanstande mit ihrer Beschwerde letztlich die Rechtmäßigkeit der Abmahnungen und mache daher einen Rechtsanspruch geltend. Wegen der vollständigen Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Die Gruppenvertretung hat gegen den am 04. September 2009 zugestellten Beschluss am 11. September 2009 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie ist der Ansicht, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, da die Beschwerdeführerin das Verhalten ihrer Teamleiterin vor Ausspruch der Abmahnungen beanstandet habe. Die Beschwerde richte sich ausschließlich gegen deren zurücksetzendes und unangemessenes Verhalten und habe deshalb keinen Rechtsanspruch zum Gegenstand.

Die Gruppenvertretung beantragt,

  1. unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14.08.2009 Herrn Dr. D, Richter am Arbeitsgericht Frankfurt am Main, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Behandlung der Beschwerde der Stewardess B gegen ihre Teamleiterin Frau C zu bestellen,
  2. die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf je drei festzusetzen.

Die Arbeitgeberin hält zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags an ihrer Auffassung fest, dass es der Beschwerdeführe...

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