Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 1/22)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats Deutschland bei durch Schweizer Arbeitgeber gezahlten Arbeitslohn für unwiderrufliche Freistellungsphase des in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nimmt ein Ehegatte in einem von ihm angestrengten außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren den vorherigen Antrag auf Einzelveranlagung zurück, ist gegen die an beide Ehegatten gerichteten Einspruchsentscheidung, die die Einzelveranlagungsbescheide aufhebt, die Eheleute erstmals zusammenveranlagt und den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückweiset, nicht der Einspruch, sondern nur die Klage statthaft; dies gilt für beide Eheleute.
  1. Verbringt ein nicht als Grenzgänger i.S.d. Art. 15a DBA-Schweiz in der Schweiz bei einem Schweizer Arbeitnehmer tätiger Arbeitnehmer Krankheitstage im Ansässigkeitsstaat Deutschland, steht für den auf die Krankheitstage entfallenden Arbeitslohn das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat Deutschland und nicht dem Tätigkeitsstaat Schweiz zu.
  1. Nach Art. 15 DBA-Schweiz unterliegt der „Arbeitslohn” für den Zeitraum einer unwiderruflichen Freistellung des in Deutschland ansässigen Arbeitnehmer der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Deutschland; dem früheren Tätigkeitsstaat Schweiz steht insoweit keine Besteuerungsrecht zu.
 

Normenkette

DBA CHE Art. 15; AO § 348

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit von einem Schweizer Arbeitgeber bezogene Lohneinkünfte der inländischen Besteuerung unterliegen.

Der Kläger zu 1. war seit dem Jahr 2011 als Außendienstmitarbeiter bei einem Schweizer Unternehmen mit Sitz in A (Kanton ) beschäftigt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass der Kläger zu 1. seine Arbeitspflicht in A erfülle, wobei seine Tätigkeit eine häufige Reisetätigkeit erfordere. Falls es die Erfüllung der vertraglich übernommenen Aufgaben ausnahmsweise oder periodisch erfordere, erbringe der Kläger zu 1. seine Arbeitsleistung auch an einem anderen Ort. Des Weiteren wurden 25 Urlaubstage pro Kalenderjahr vereinbart; bei unterjährigem Austritt sollte der Urlaub anteilsmäßig gewährt werden. Mit Nachtrag vom 23.12.2011 wurde vereinbart, dass Dienstsitz des Klägers zu 1. ab dem 01.01.2012 im Homeoffice an dessen jeweiligem Wohnsitz sei; seine Arbeitsleistung habe er im zugewiesenen Verkaufsgebiet zu erbringen (vgl. Bl. 37 ff. Gerichtsakte).

Der Kläger zu 1. verfügte seit Beginn seiner Tätigkeit in der Schweiz stets nur über einen deutschen Wohnsitz.

Mit Schreiben vom 26.04.2016 kündigte der Schweizer Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu 1. zum 31.10.2016 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von seiner Arbeitsverpflichtung frei unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts; das im Arbeitsvertrag ursprünglich vereinbarte Konkurrenzverbot wurde für hinfällig erklärt (vgl. Bl. 44 f. Gerichtsakte). Der Kläger zu 1. erhielt im Streitjahr 2016 von seinem Schweizer Arbeitsgeber noch (Brutto-)Lohn i.H.v. insgesamt 131.895,-- CHF. Darin enthalten war eine Abfindung i.H.v. 30.148,25 CHF (vgl. Bl. 46 f. Gerichtsakte). Bis zum Tag der Freistellung (27.04.2016) verbrachte der Kläger im Streitjahr elf Arbeitstage in der Schweiz und 52 Arbeitstage in Deutschland; der Rest entfällt auf Wochenenden sowie Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage. In diesem Zeitraum kehrte der Kläger zu 1. außerdem an 22 Arbeitstagen aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurück (vgl. Bl. 9 f. der Einkommensteuerakte 2016).

Der Kläger zu 1. machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr, mit welcher er Einzelveranlagung beantragte, steuerfreien Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen --DBA-- i.H.v. 98.525,-- EUR geltend. Dieser Betrag ergab sich aus dem vom Kläger zu 1. erklärten Bruttoarbeitslohn i.H.v. 106.835,-- EUR und dem darauf angewendeten Verhältnis von angeblich 166 Arbeitstagen, für welche der Schweiz das Besteuerungsrecht zustehe, zu insgesamt 180 tatsächlichen Arbeitstagen im Streitjahr (vgl. Bl. 5, 10 f. der Einkommensteuerakten 2016).

Der Beklagte folgte dem mit Einkommensteuerbescheid vom 30.08.2019 (vgl. Bl. 42 ff. der Einkommensteuerakten) nicht. Er nahm vielmehr an, dass der während des Zeitraums der Freistellung bezogene Arbeitslohn dem deutschen Besteuerungsrecht unterliege. Ausgehend von einem Umrechnungskurs zum 30.09.2015 i.H.v. 100,-- CHF = 91,88 EUR teilte der Beklagte den Bruttoarbeitslohn i.H.v. 121.193,-- EUR unter Berücksichtigung von nur elf in der Schweiz verbrachten Arbeitstagen auf in einen Betrag i.H.v. 11.447,-- EUR, der unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Steuer freizustellen sei, und in einen Betrag i.H.v. 109.746,-- EUR, der vollständig der deutschen Einkommensteuer unterliege (vgl. Schreiben des Beklagten vom 30.04.2019, Bl. 37 f. der Einkommensteuerakten 2016).

Der Kläger zu 1. legte dagegen Einspruch ein. In seiner Einspruchsbegründung vom 04.09.2019 (vgl. Bl. 50...

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