Soweit im Betrieb sogenannte Service- oder Funktionszeiten als bereichsbezogene Vorgaben für die Erreichbarkeit bzw. Leistungserbringung innerhalb des täglichen Arbeitszeitrahmens festgelegt werden, können auch Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit in derartige Modelle eingebunden werden. Die Festlegung der Arbeitszeit muss dann so erfolgen, dass in Abstimmung mit den Arbeitskollegen eine ausreichende Präsenz bzw. Erreichbarkeit innerhalb solcher Zeitspannen gewährleistet ist. Bei der Festlegung solcher Zeiten hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, da sich derartige Vorgaben auf die Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Tages auswirken oder zumindest auswirken können.

Betriebliche Arbeitszeitregelungen zur Vertrauensarbeitszeit können potenziell auch Kernzeiten im Sinne einer täglichen Zeitspanne beinhalten, in der der Arbeitnehmer arbeiten muss. Sie widersprechen aber der Idee der Vertrauensarbeitszeit als einer vor allem auf eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung basierenden Arbeitszeitgestaltung. Davon zu unterscheiden sind betriebliche "Spielregeln" zum Umgang mit ganz- oder teiltägigen Abwesenheiten. So kann es sinnvoll sein, das Prinzip einer 5-Tage-Woche in der betrieblichen Regelung zu betonen und ganztägige Abwesenheiten unter den Vorbehalt der Abstimmung mit der Führungskraft zu stellen. Ggf. wäre auch denkbar, zu regeln, dass ein bestimmter Anteil der täglichen Arbeitszeit innerhalb des Arbeitszeitrahmens zu erbringen ist.[1]

[1] Vgl. auch Abschn. 6.

5.1 Leitfragen zur Erarbeitung bereichsspezifischer Servicezeiten

  • Welche Kunden nehmen Leistungen der Organisationseinheit in Anspruch?

Es geht bei Servicezeiten als "Orientierungswerte" für die eigenverantwortliche Arbeitszeitgestaltung und Arbeitszeitplanung im Team nicht nur um externe Kunden, sondern im Interesse der Prozessverbesserung auch um interne Kunden (andere Organisationseinheiten, Mitarbeiter).

  • Welche Leistungen sind so zeitkritisch, dass sie sofort erbracht werden müssen?

Hier kann es um zeitkritische fachliche Leistungen gehen (z. B. "First Level Support" in der IT), aber auch "nur" um organisatorische Leistungen.

 
Praxis-Beispiel

Persönliche Erreichbarkeit des Kundensupports

Eine Organisationseinheit ist in einer festgelegten Zeitspanne persönlich erreichbar und kann Kundenanliegen ohne Rückfrage des Bearbeiters aufnehmen und Terminvereinbarungen treffen (Erledigungstermin). Solche "Leistungen" sollten von möglichst vielen Mitarbeitern der Organisationseinheit erbracht werden können.

Für Leistungen, die nicht "ad hoc"“zu erbringen sind, können gegebenenfalls Erledigungsstandards festgelegt werden (z. B. Standard "Bearbeitung spätestens am Folgetag" usw.).

  • Innerhalb welcher Zeitspannen wollen wir Kunden diese Leistungen garantieren (Servicezeit)?

Servicezeit ist die tägliche Zeitspanne (z. B. Mo–Fr. 8:30–17:30 Uhr), in der die zeitkritischen Leistungen erbracht werden können.

Servicezeiten sind nicht als "Kernzeiten" im Sinne einer Vorgabe verpflichtender Anwesenheit zu verstehen. Vielmehr kann die Arbeitszeit innerhalb des geltenden Arbeitszeitrahmens (z. B. 7–20 Uhr) eigenverantwortlich auch außerhalb der Servicezeiten erbracht werden, sofern ausreichend viele Mitarbeiter in der Servicezeit präsent (oder zumindest erreichbar) sind.

  • Wie kann die für die Leistungserbringung erforderliche personelle Besetzung sichergestellt werden?

Je nach Art der Leistung und des "Nachfrageprofils" innerhalb des Tages bzw. innerhalb der Woche können Servicezeiten die Festlegung differenzierter Besetzungsstärken erforderlich machen (z. B. ab 8:30 Uhr 1 Mitarbeiter, 10–12 Uhr 2 Mitarbeiter usw.). Im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit und anderen Arbeitszeitmodellen mit eigenverantwortlicher Arbeitszeitgestaltung werden die zur Sicherstellung der Servicezeit erforderlichen Besetzungen meist informell im Team abgesprochen. Je nach Teamgröße, Dauer der Servicezeit und Differenzierung der Besetzungsstärken können aber auch feste Regeln – auch zur Einhaltung arbeitszeitschutzrechtlicher Grenzen – sinnvoll sein (z. B. bei Servicezeit bis 20 Uhr: "Ein Mitarbeiter der Abteilung beginnt nicht vor 10 Uhr mit seiner Arbeitszeit").

Servicezeiten auf der Basis eigenverantwortlicher Absprachen im Mitarbeiterteam setzen eine gewisse Teamgröße (in der Regel mindestens 3 bis 4 Mitarbeiter) und eine Schnittmenge der Qualifikation der Mitarbeiter zumindest auf dem Niveau der Standardleistungen voraus. Mindestbesetzungen müssen nicht immer als "Bürobesetzung" definiert werden: "Mobile Erreichbarkeit" ist oft ausreichend, was die Möglichkeiten individueller Arbeitszeitgestaltung erhöht.

  • Sind die Servicezeiten noch aktuell?

Servicezeiten und Besetzungsstärken sollten immer wieder überprüft werden, ob sie (noch) den tatsächlichen Kundenbedürfnissen entsprechen – und auch daraufhin, ob sie wirtschaftlich sind.

5.2 Festlegung von Arbeitstagen

Für Festlegung der möglichen Arbeitstage ergeben sich bei Arbeitnehmern in Vertrauensarbeitszeit ebenfalls keine Besonderheiten gegenüber anderen Arbeitszeitmodellen des flexiblen Tagesdienstes. Häufig wir...

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