Enthält der Arbeitsvertrag eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Gratifikation, kann vereinbart werden, dass weitere Einzelheiten nach dem Ermessen des Arbeitgebers festgelegt werden.

§ 315 Abs. 1 BGB (Leistungsbestimmung durch eine Partei) setzt grundsätzlich eine ausdrückliche oder konkludente rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann.[1] Ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, dass die Obergrenze für die Bemessung von Weihnachts- und Urlaubsgeld alle 2 Jahre überprüft wird, kann dies eine rechtliche Verpflichtung begründen, die Obergrenze regelmäßig zu überprüfen und das Ergebnis der Überprüfung mitzuteilen. Wenn vertraglich nur eine Pflicht zur Überprüfung geregelt ist, begründet dies regelmäßig keine rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die Bemessungsobergrenze anzupassen. Für eine Anpassungspflicht müssen ergänzende Anhaltspunkte bestehen.[2]

 
Praxis-Tipp

Konkretisierung durch Ermessen des Arbeitgebers

Eine Bestimmung im Arbeitsvertrag, nach der eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, die "derzeit ein Bruttogehalt nicht übersteigt", deren Höhe "jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekannt gegeben" und auf die im Juni "ein Vorschuss in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt" wird, räumt dem Arbeitgeber sowohl in Bezug auf den Vorschuss als auch auf die endgültige Höhe der Sonderzahlung in zulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i. S. v. § 315 BGB ein.[3] Allein die gleichbleibende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum führt nicht zu einer Konkretisierung der Anspruchshöhe mit der Folge, dass jede andere Ausübung des Ermessens nicht mehr der Billigkeit entspräche.[4]

Auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung kann sich ein Anspruch ergeben. Hat der Arbeitgeber über einen Zeitraum von 3 Jahren hinweg vorbehaltlos jeweils zum Jahresende eine als "Sonderzahlung" bezeichnete Leistung in unterschiedlicher Höhe an einen Arbeitnehmer erbracht, darf der Arbeitnehmer daraus auf ein verbindliches Angebot i. S. v. § 145 BGB auf Leistung einer jährlichen Sonderzahlung schließen, deren Höhe der Arbeitgeber einseitig nach billigem Ermessen festsetzt.[5]

Zum Schutz des Arbeitnehmers vor willkürlichen Entscheidungen des Arbeitgebers unterliegt die vom Arbeitgeber vorgenommene Ermessensausübung der vollen gerichtlichen Kontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.[6] Das Gericht überprüft dabei, ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht.[7] Da die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen, ist die Entscheidung vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten. Die tatrichterlichen Erwägungen zur Anwendung von § 315 BGB im Falle der Festsetzung einer variablen Vergütung sind nur eingeschränkt vom Revisionsgericht überprüfbar.[8]

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht in Fällen der einseitigen Ermessensausübung nicht.[9]

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