[1] Sofern ein Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in einer Ausgleichsquittung bestätigt, dass er seine Arbeitspapiere und den Restlohn erhalten hat, und er zugleich die auf dem Formular vorgedruckte Erklärung unterschreibt, dass damit alle seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind und er keine Forderungen gegen den Arbeitgeber – gleichgültig aus welchem Rechtsgrund – mehr hat, dann wurde durch diese Handlung der Empfang der Papiere quittiert und möglicherweise die Richtigkeit der Lohnabrechnung anerkannt.

[2] Ein weitergehender Verzicht, insbesondere ein Verzicht auf einen etwaigen Entgeltfortzahlungsanspruch, kann in einer solchen "Erklärung" nicht gesehen werden, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich, dass der Arbeitnehmer die Bedeutung seiner Unterschrift erkannt hat (vgl. BAG, Urteil vom 20.8.1980, 5 AZR 759/78, USK 80161, EEK I/678).

Beispiel [2021 aktualisiert]

Beginn der Beschäftigung am 16. 7.
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 7. 9.
Ende der Arbeitsunfähigkeit am 17. 9.
Ende des Arbeitsverhältnisses am 25. 9.
Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer am 12.10.
Zahlung des Krankengeldes für die Zeit vom 7.9. bis 17.9. durch die Krankenkasse am 27.10.
Unterrichtung des Arbeitgebers durch die Krankenkasse über die Krankengeldzahlung am 8.12.
Der Arbeitgeber hat die Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 7.9. bis 17.9. mit der Begründung verweigert, die wiederholte Befristung der Arbeitsverhältnisse steht dem Entgeltfortzahlungsanspruch entgegen. Deshalb zahlte die Krankenkasse am 27.10. für diesen Zeitraum Krankengeld.
Ergebnis:
Es kommt darauf an, wann Krankengeld tatsächlich gezahlt wurde. In dem vorstehenden Beispiel hat die Krankenkasse erst am 27.10. Krankengeld gezahlt, also zu einem Zeitpunkt, der nach dem Verzicht des Arbeitnehmers auf den Entgeltfortzahlungsanspruch lag. Deshalb hat der Arbeitnehmer wirksam auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet. Dieser konnte dann nicht mehr auf die Krankenkasse übergehen.

Davon ausgehend, dass die wiederholte Befristung der Arbeitsverhältnisse einem Entgeltfortzahlungsanspruch nicht entgegensteht, ergeben sich bei dem aufgezeigten Sachverhalt noch folgende Fragen:

a) Konnte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den fälligen Entgeltfortzahlungsanspruch verzichten?
b) Hat der Arbeitnehmer in der Ausgleichsquittung vom 12.10. tatsächlich auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet?

Zu a):

Ein etwaiger Verzicht auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verstößt nicht gegen das Verbot der Unabdingbarkeit (vgl. § 12 EFZG). Diese Vorschrift verbietet keinen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärten Verzicht auf Entgeltfortzahlungsansprüche nach deren Fälligkeit.

§ 12 EFZG soll dem Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers dienen. Dieser soll sicher sein, im Falle seiner Erkrankung das Arbeitsentgelt bis zur Dauer von 6 Wochen weiter zu erhalten. Er soll, wenn er erkrankt ist, ohne Sorge um seinen Lebensunterhalt seine Krankheit ausheilen können. Das wäre nicht möglich, wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte. Dieser Zweck des § 12 EFZG fordert nicht auch ein Verbot des nachträglichen Verzichts auf den Entgeltfortzahlungsanspruch. Das Arbeitsentgelt, auch das im Krankheitsfalle fortzuzahlende Arbeitsentgelt, wird nachträglich gezahlt (§ 614 BGB). Wenn der Arbeitnehmer bei oder nach Fälligkeit den Entgeltfortzahlungsanspruch erlässt, wird er damit nicht rückwirkend für die Zeit der bisherigen Dauer der Arbeitsunfähigkeit in Sorge um seinen Lebensunterhalt versetzt. Die hinter ihm liegende Zeit übersieht er. Ob er das am Fälligkeitstage zu zahlende Arbeitsentgelt für seinen Lebensunterhalt in der Zukunft benötigt, kann er beurteilen.

In dem unter 5.9 aufgezeigten Beispiel hat der Arbeitnehmer aufgrund der am 12.10. mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung unter anderem auf den Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 7.9. bis 17.9. verzichtet. Dieser Verzicht auf den Entgeltfortzahlungsanspruch wäre jedoch unwirksam, wenn der Arbeitnehmer am 12.10. nicht mehr Gläubiger des Entgeltfortzahlungsanspruchs gewesen wäre. Denn wenn die Krankenkasse Krankengeld an den erkrankten Arbeitnehmer zahlt, so geht der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Krankenkasse über (§ 115 SGB X). Der Anspruch geht mit der Zahlung des Krankengeldes auf die Krankenkasse über. Der Übergang des Anspruchs erfolgt kraft Gesetzes. Einer "Überleitungsanzeige" durch die Krankenkasse bedarf es nicht. Mit einer solchen Anzeige kann der Entgeltfortzahlungsanspruch auch nicht vor Zahlung des Krankengeldes auf die Krankenkasse übergeleitet werden.

Es kommt also darauf an, wann Krankengeld tatsächlich gezahlt wurde. In dem unter 5.9 aufgezeigten Beispiel hat die Krankenkasse erst am 27.10. Krankengeld gezahlt, also zu einem Zeitpunkt, der nach dem Verzicht des Arbeitnehmers a...

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