1.1 Allgemeines

Grundlage der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ist die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt. Durch verwandtschaftliche Beziehungen wird ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Je enger die persönlichen gegenseitigen Beziehungen sind, umso eher kann eine Mitarbeit außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegen. Eine widerlegbare Vermutung gegen die Versicherungspflicht, wie sie in § 20 Abs. 4 SGB XI zum Ausdruck kommt, ist damit aber nicht verbunden. Das Lebensalter und der Beweggrund für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses unter Angehörigen sind grundsätzlich unerheblich, insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der mitarbeitende Angehörige wirtschaftlich auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist. Andere Formen der Mitarbeit des Angehörigen, wie die Mitarbeit in Gleichstellung mit dem Betriebsinhaber oder die Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) begründen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bzw. schließen ein solches aus.

1.2 Voraussetzungen der Versicherungspflicht

[1] Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt, beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind (BSG, Urteil vom 5.4.1956, 3 RK 65/55, BSGE 3, 30; SozR Nr. 18 § 164).

[2] Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen (Ehegatten, Verlobten, Lebenspartnern, Lebensgefährten, geschiedenen Ehegatten, Verwandten, Verschwägerten, sonstigen Familienangehörigen) kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angenommen werden, wenn

  • der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt,
  • der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt,
  • der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird,
  • ein der Arbeitsleistung angemessenes (d.h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird,
  • von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und
  • das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird.

1.2.1 Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers

[1] In Abgrenzung zu anderen Formen der Erwerbstätigkeit ist die Beschäftigung durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Persönliche Abhängigkeit erfordert die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers bei Unterordnung unter das Weisungsrecht (Direktionsrecht) des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit – insbesondere unter Ehegatten – weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird. Das Weisungsrecht darf aber nicht vollständig entfallen und der mitarbeitende Angehörige muss in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation des Betriebs eingegliedert sein. Die Beschäftigung muss tatsächlich – mit einer vorgegebenen Arbeitszeit und einem fest umrissenen Aufgabenkreis – ausgeübt werden.

[2] Liegen Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht vor, kann von familienhafter Mithilfe oder Selbstständigkeit ausgegangen werden. Die selbstständige Tätigkeit ist vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob der Angehörige abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag, wenn eine – formlose – Abbedingung der vertraglichen Vereinbarungen rechtlich möglich ist.

1.2.2 Beschäftigung anstelle einer fremden Arbeitskraft

Der Angehörige muss anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt sein, d.h. die Beschäftigung des Angehörigen muss für die Erfüllung der betrieblichen Zielsetzung unumgänglich notwendig sein und ohne die Beschäftigung des Angehörigen müsste zwingend eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden.

1.2.3 Angemessenes Arbeitsentgelt

[1] Ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt setzt einen freien wirtschaftlichen Austausch von Arbeit und Arbeitsentgelt voraus. Für die Beurteilung, ob ein Angehöriger in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis steht, ist die Höhe der Vergütung (Geld- und Sachbezüge) im Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit von grundlegender Bedeutung. Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

[2] Die Zahlung von laufenden Bezügen, insbesondere in Höhe des tariflichen oder des ortsüblichen Arbeitsentgelts, ist ein wesentliches Merkmal für das Bestehen eines ...

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