Rz. 16

Geschuldet wird eine angemessene Vergütung und zwar nicht dem Schuldner selbst, sondern allein im Verhältnis zu den Gläubigern (LAG Baden-Württemberg, ZInsO 2011, 1856). Angemessen (vgl. auch Rz. 17) ist eine Vergütung, die der Drittschuldner einem fremden Arbeitnehmer für eine entsprechende Dienstleistung üblicherweise gewähren müsste. Praktisch ist danach zu fragen, ob der Drittschuldner durch die Beschäftigung des Schuldners eine Arbeitskraft einspart und was diese regelmäßig für die vom Schuldner geleistete Tätigkeit verdienen würde (Goebel, Vollstreckung effektiv 2000, 136 m. w. N.). Dabei sind allerdings grds. auch die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 2), insbesondere die Art des Arbeitsverhältnisses, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten, sodass stets eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich ist (LAG Hamm, AE 2010, 52; BAG, NZA 2009, 163; BAG, NZA 2008, 896 = NJW 2008, 260 6= DB 2008, 2088 = JurBüro 2008, 492 = ZInsO 2008, 758 = FA 2008, 256).

 

Rz. 16a

Bezieht der Schuldner vom Drittschuldner geldwerte Vorteile, sind diese nur bei der Berechnung des pfändbaren realen Arbeitseinkommens, nicht auch bei der Ermittlung des höheren pfändbaren fiktiven Arbeitseinkommens zu berücksichtigen. Nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO sind zwar Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen, wenn der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen erhält. Allerdings handelt sich bei der nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO nur im Verhältnis zwischen dem Drittschuldner und dem Gläubiger geschuldeten fiktiven Vergütung nicht um zahlbares Einkommen des Schuldners i. S. v. § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO. Würde ein dem Schuldner vom Drittschuldner gewährter geldwerter Vorteil nicht nur bei der Berechnung des pfändbaren realen Arbeitseinkommens, sondern auch bei der Ermittlung des höheren pfändbaren fiktiven Arbeitseinkommens berücksichtigt, bewirkt dies eine Erhöhung der fiktiven angemessenen Vergütung i. S. v. § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO um einen Teil des realen Arbeitseinkommens (BAG, NZA 2008, 896 = NJW 2008, 260 6= DB 2008, 2088 = JurBüro 2008, 492 = ZInsO 2008, 758 = FA 2008, 256; LAG Hessen, Urteil v. 11.7.2013 – 9 Sa 1372/11 –, juris).

 

Rz. 17

Die Bestimmung des gepfändeten und an den Gläubiger abzuführenden Betrages erfolgt durch das Prozessgericht im Rahmen einer Einziehungsklage (BGH, WM 2013, 1991 = MDR 2013, 1370 = FamRZ 2013, 1970 = JurBüro 2014, 40 = Rpfleger 2014, 92 = KKZ 2014, 165 = ZAP EN-Nr 608/2013 = Vollstreckung effektiv 2013, 213 = FamRB 2014, 8 = FoVo 2014, 28; LG Bremen, JurBüro 2003, 215; LG Frankenthal, MDR 1984, 856; Stöber, Rn. 1223; in Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, § 850h Rn. 13). Insofern darf das Vollstreckungsgericht bei der Pfändung die geschuldete angemessene Vergütung nicht bestimmen. Ein solcher Antrag ist zurückzuweisen.

Zuständiges Gericht ist das für die Leistungsklage des Schuldners auf Zahlung des Arbeitslohns zuständige Gericht, i. d. R. das Arbeitsgericht (§ 2 ArbGG). Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich dieser Voraussetzungen obliegt der klagenden Partei (BAG, InVo 2006, 199 = ArbuR 2005, 426 = NJW 2006, 255 = jurisPR extra 2006, 38 = DB 2006, 400; BAG, MDR 1996, 1155; OLGR Bremen 2001, 144; ArbG Schwerin, VersR 2009, 520-521). Nach allg. Grds. ist ein Sachvortrag zur Begründung des Klageanspruchs schlüssig, wenn Tatsachen seitens des Klägers vorgetragen werden, die i. V. m. einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen (BGH, NJW 1991, 2707 =  BB 1991, 1670 = WM 1991, 1737 = MDR 1992, 76). Dabei ist die Klagepartei nicht verpflichtet, den str. Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen; vielmehr genügt eine Prozesspartei ihrer Darlegungspflicht grds. bereits dadurch, dass sie diejenigen Umstände vorträgt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben (BGH, NJW-RR 2002, 1433 = BGHReport 2002, 1057 = MDR 2003, 78 = WM 2003, 587; LAG Rheinland-Pfalz, ZInsO 2019, 904). Es reicht der Nachweis von Indizien (LAG Hessen, Urteil v. 11.7.2013 – 9 Sa 1372/11 –, juris). Bezogen auf die vom Gläubiger darzulegenden Tatbestandsmerkmale der regelmäßigen Arbeit für den Drittschuldner und der Unangemessenheit der Vergütung gem. Abs. 2 folgt daraus die Verpflichtung der Klagepartei, Art und zeitlichen Umfang der Arbeitsleistungen des Schuldners darzulegen. Der Gläubiger muss ferner mit seinem Sachvortrag dem Gericht einen Vergleich zw. der für die behauptete Arbeitsleistung angemessenen Vergütung und der tatsächlich gezahlten Vergütung ermöglichen, um das Merkmal der Unangemessenheit des vom Drittschuldner geleisteten Entgelts zu überprüfen (LAG Rheinland-Pfalz, 13.5.2009, 6 Ta 103/09 – Juris; BAG, InVo 2006, 199 = ArbuR 2005, 426 = NJW ...

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