Ein Beispiel für ein Verfahren, welches nicht auf einer Mitarbeiterbefragung, sondern einer Expertenbeurteilung beruht, ist die Gefährdungsanalyse psychischer Belastung – GPB. Dieses wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Karlheinz Sonntag von der Universität Heidelberg im Auftrag der Daimler AG entwickelt. Wesentliches Element dieses Verfahrens ist die Betrachtung von Merkmalskombinationen zur Beurteilung psychischer Belastungen.[1] Neben der Erfassung allgemeiner Daten zum Arbeitsplatz sowie zur Tätigkeit hinsichtlich Relevanz, Bedeutsamkeit und Häufigkeit pro Arbeitstag werden die Arbeitsplätze anhand von Merkmalen bezüglich ihrer Häufigkeit des Auftretens auf einer 5-stufigen Skala von 1 = nie bis 5 = ständig bewertet. Folgende 10 Merkmalsbereiche können bewertet werden:

  1. Arbeitskomplexität,
  2. Handlungsspielraum,
  3. Variabilität,
  4. Zeitspielraum,
  5. Verantwortungsumfang,
  6. Arbeitsunterbrechungen,
  7. Konzentrationserfordernisse,
  8. Kooperationserfordernisse,
  9. Kundenorientierung,
  10. Emotionsregulation.[2]

Es erfolgt nun eine Begehung der Arbeitsplätze, bei der bei Bedarf auch Mitarbeiter zu Ihrer Tätigkeit interviewt werden. Die Begehung wird von einem Analyseteam durchgeführt, welches aus der zuständigen Führungskraft, dem Betriebsarzt, der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebs-/Personalrat sowie einem Experten aus dem Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie besteht. Sie bewerten den Arbeitsplatz im Konsens und berechnen einen Mittelwert für die jeweiligen Merkmalsbereiche.

Für die Beurteilung wurden von den Autoren des GPB pragmatische Grenzwerte für ungünstige Werte definiert. Diese liegen unter 2,6 oder über 3,4. Auf Basis der errechneten Mittelwerte erfolgt nun eine Bewertung von kritischen Merkmalsausprägungen, zu denen von den Autoren mögliche Kombinationen genannt werden. Eine solche könnte sich z. B. durch eine zu hohe Arbeitskomplexität in Kombination mit einem geringen Handlungsspielraum ergeben. Trifft dies aufgrund der berechneten Mittelwerte der Expertenteams zu, wird diese Kombination im Sinne der Ampelsystematik rot markiert, weshalb Maßnahmen der Arbeitsgestaltung erforderlich sind (s. Abb. 5).

Abb. 5: Beispielergebnis Merkmalskombinationen – GPB-Verfahren modifiziert nach BAuA[3]

Das Beispielergebnis dieses Arbeitsbereichs (s. Abb. 5) zeigt kritische Merkmalsausprägungen in den folgenden Bereichen:

  • hohe Arbeitskomplexität und niedriger Handlungsspielraum,
  • hohe Arbeitskomplexität und niedriger Zeitspielraum,
  • hohe Arbeitskomplexität und hohe Arbeitsunterbrechungen,
  • hohe Arbeitskomplexität und hohe Kooperationserfordernisse,
  • niedriger Handlungsspielraum und hoher Verantwortungsumfang,
  • niedriger Zeitspielraum und hohe Arbeitsunterbrechungen,
  • niedriger Zeitspielraum und hohes Konzentrationserfordernis,
  • niedriger Zeitspielraum und hohes Kooperationserfordernis,
  • hoher Verantwortungsumfang und hohes Konzentrationserfordernis.

Nun gilt es, im Sinne der Risikoreduzierung entsprechende Maßnahmen der Arbeitsgestaltung zu prüfen und umzusetzen.

[1] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA (Hrsg.): Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2014.
[2] ebd.
[3] ebd.

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