1 Einführung

 

Rz. 1

Das Einkommensteuerrecht unterscheidet zunächst zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Vorgängen und dann – in einem zweiten Schritt – bei den steuerbaren Vorgängen zwischen stpfl. und steuerbefreiten Sachverhalten. Damit können die Steuerbefreiungen nur solche Vorgänge erfassen, die steuerbar sind, weil sie zuvor einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zugeordnet werden konnten.

 

Rz. 2

Die Vorschriften über die Steuerbefreiungen, die im EStG ausgesprochen sind, sind in der Hauptsache in den §§ 3 und 3b EStG untergebracht. Daneben besteht jedoch eine Reihe anderer Vorschriften über Befreiungen von der ESt-Pflicht. Diese sind teils im EStG selbst, jedoch an anderer Stelle enthalten; teils ergeben sie sich aus anderen Rechtsnormen (Anhang zu § 3 EStG Rz. 1–6).

 

Rz. 3

Es fehlt eine systematische Ordnung aller Befreiungsvorschriften. Dieser Befund gilt auch für § 3 EStG selbst. Die Norm stellt in wirrer Folge und ohne jede ordnende Struktur eine Reihe von Vermögenszuflüssen aus den verschiedensten Gründen von der Besteuerung frei. Der Grund für die fehlende Systematik liegt vor allem darin, dass der Gesetzgeber zunächst – nach Aufhebung einzelner als entbehrlich erachteter Steuerbefreiungen – die verbleibenden Befreiungstatbestände (mit Blick auf die Kontinuität des Gesetzestextes zu Recht) nicht neu durchnummeriert und sodann neu aufzunehmende Steuerbefreiungen oftmals wahllos an der Stelle früher frei gewordener Gliederungsnummern in § 3 EStG eingefügt hat. Problematisch ist zudem, dass die Mehrzahl der Einzeltatbestände des § 3 EStG hinsichtlich des Gegenstands der Steuerbefreiung auf die verschiedensten Leistungsgesetze außerhalb des Steuerrechts verweist. Dies hat zur Folge, dass die Reichweite und Wirkungsweise der jeweiligen Steuerfreistellung ohne eine genaue Kenntnis jener Leistungsgesetze nicht verständlich ist. Die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Handhabung des § 3 EStG sind jedoch mit Blick auf das Interesse der Gesetzgebungspraxis an knappen, kompakten Regelungen und an dynamischen anstelle von statischen Gesetzesverweisen kaum zu vermeiden.

 

Rz. 4

Ein Teil der durch § 3 EStG steuerfrei gestellten Einnahmen ist bei näherer Betrachtung gar nicht steuerbar.[1] Allerdings vermeidet die an sich nur klarstellende Bedeutung, dass es zu einem Streit über die Steuerbarkeit kommen kann.

2 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

 

Rz. 5

§ 3 EStG gilt für alle unbeschränkt und beschränkt stpfl. natürlichen Personen, gleichgültig ob sie ihre Einkünfte einzeln oder in Personengesellschaften zusammengeschlossen erzielen. Weiterhin gilt § 3 EStG für die in § 1 KStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, soweit die Anwendung von § 3 EStG sachlich möglich ist. Denn gem. § 8 KStG bestimmt sich das, was als körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen gilt und wie dieses zu ermitteln ist, nach den Vorschriften des EStG (R 8.1 KStR 2015).

 

Rz. 6

§ 3 EStG gilt – jedenfalls im Grundsatz – für alle Einkunftsarten.[1] Es ist also regelmäßig gleichgültig, innerhalb welcher Einkunftsart die Einnahmen, Erträge oder Einkünfte anzusetzen wären, wenn sie nicht steuerbefreit wären. Zu beachten ist insoweit aber, dass eine Vielzahl der in § 3 EStG enthaltenen einzelnen Steuerbefreiungen ihrem Tatbestand nach voraussetzt, dass der von der jeweiligen Regelung begünstigte Stpfl. die steuerfreien Einkünfte (z. B. als Arbeitnehmer) gerade innerhalb einer bestimmten Einkunftsart erzielt hat.

 

Rz. 7

Nach der Überschrift für die §§ 3 bis 3c EStG werden in diesen steuerfreie Einnahmen bestimmt. § 3c Abs. 1 EStG ordnet demgegenüber jedoch bereits an, dass Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen wirtschaftlich unmittelbar zusammenhängen, weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Zudem sind in den §§ 3 und 3b EStG nicht nur Einnahmen, sondern auch Erträge, die keine Einnahmen sein können, angesprochen.

3 Wirkung der Steuerbefreiungen

 

Rz. 8

Ob es sich nun um Einnahmen oder Erträge – und mit ihnen zusammen sind die nach § 3c EStG weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abzugsfähigen Ausgaben zu sehen – oder ob es sich um Einkünfte handelt, die Wirkung ihrer Steuerbefreiung ist gleich. Die steuerbefreiten Einnahmen oder Einkünfte, d. h. Einnahmen gem. § 3 EStG abzüglich Ausgaben gem. § 3c EStG, dürfen bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und bei der Ermittlung des stpfl. Einkommens nicht mitgerechnet werden. Sie zählen auch nicht zum Gewerbeertrag des § 7 GewStG.[1] Sie dürfen sich auch nicht in anderer Weise auf die Bemessung des Steuerbetrags niederschlagen, also z. B. auch nicht durch Minderung eines Verlustvortrags, sonst würde dem Sinn der Steuerbefreiung auf einem Umweg zuwidergehandelt. Das gilt jedoch nicht, wenn etwas anderes ausdrücklich vorgesehen ist, z. B. durch den Progressionsvorbehalt gem. § 32b EStG.

 

Rz. 9

Die Steuerbefreiungen verändern nicht die Art der Einnahmen. Dies bedeutet, dass die Ein...

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