Rz. 216

Bietet der Arbeitgeber (Hersteller, Großhändler) die Waren oder Dienstleistungen nicht fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr an, sind die Letztverbraucherpreise des dem Abgabeort nächstansässigen Abnehmers im allgemeinen Geschäftsverkehr maßgebend. Abgabeort ist dort, wo die Vorkehrungen für die Rabattgewährung getroffen werden.[1] Entscheidend ist der Einzelhandelspreis (einschl. USt). Auch hier ist der Erzeuger- oder Großhandelspreis ebenso wenig entscheidend wie die Sonderkonditionen für bevorzugte Kunden (Dauerkunden). Sonderkonditionen, die der Arbeitgeber nur bestimmten Gruppen von Abnehmern einräumt (z. B. Behörden, bestimmten Betrieben), sind nicht zu berücksichtigen, wenn die besonderen Voraussetzungen dieser Rabatte beim Stpfl. (Arbeitnehmer) nicht vorliegen.[2] Maßgeblich ist die am Letztverbrauchermarkt orientierte Bewertung. Nicht erforderlich ist, dass der nächstansässige Abnehmer seine Produkte vom Arbeitgeber bezogen hat. Es genügt, wenn er über Zwischenhändler die nämlichen Waren des Arbeitgebers an Letztverbraucher liefert.

 

Rz. 217

Die Heranziehung der Endpreise des nächstansässigen Abnehmers, d. h. der tatsächlich im allgemeinen Geschäftsverkehr geforderten und gezahlten Letztverbraucherpreise, kann in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Der Arbeitgeber muss zunächst den nächstansässigen Abnehmer ermitteln, der als Einzelhändler oder Dienstleister am Letztverbrauchermarkt auftritt. Er muss sich somit vergewissern, in welchem Umfang die Abnehmer seiner Leistungen, auch wenn der Vertrieb über mehrere Zwischenstufen läuft, mit Letztverbrauchern in Geschäftsbeziehung treten. Dies dürfte in kritischen Fällen kaum möglich sein. Häufig ist Großabnehmern oder Zwischenhändlern (Großhandel) durch vertragliche Bindungen sowohl seitens des Herstellers als auch seitens des Einzelhandels untersagt, an Letztverbraucher zu liefern. Es ist freilich oft zu beobachten, dass hiergegen in einem Umfang – abredewidrig – verstoßen wird, der die Annahme eines "allgemeinen Geschäftsverkehrs" i. S. v. Abs. 3 S. 1 noch rechtfertigen kann.[3]

 

Rz. 218

Auch die Ermittlung der "Endpreise am Abgabeort", d. h. der tatsächlich gezahlten bzw. zu zahlenden Einzelhandelspreise zum Zeitpunkt des Zuflusses des geldwerten Vorteils, kann sich in der Praxis sehr schwierig gestalten. Dem Hersteller oder Großhändler wird i. d. R. der vom Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr geforderte Preis nicht bekannt sein, zumal bei Artikeln, die häufigen Preisschwankungen, wie z. B. in der Modebranche, unterworfen sind, oder bei denen dem Letztverbraucher – offen oder versteckt – Rabatte in unterschiedlicher Höhe eingeräumt werden. Im Automobilbereich ist überwiegend von Preisen auszugehen, die unter den sog. Listenpreisen liegen.[4]

 

Rz. 218a

Um die zutreffende Bemessungsgrundlage für den LSt-Abzug festzustellen, ist der Arbeitgeber jedoch gehalten, diesen Preis zu ermitteln. Dies kann problematisch sein, da der Lieferant des Letztverbrauchers diese Angaben gegenüber dem Arbeitgeber (z. B. Hersteller oder Großhändler), der ja mittelbarer oder unmittelbarer Vorlieferant ist, nicht ohne Weiteres preisgeben wird. Damit würde er Schlüsse auf seine Marge ermöglichen. Die Praxis hat daher auch insoweit die Anforderungen an den Arbeitgeber, "Marktforschung" zu betreiben, auf ein zumutbares Maß zu beschränken. Häufig bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes, als auf Schätzungen zurückzugreifen.[5]

 

Rz. 219

Probleme können sich auch ergeben, wenn das FA im Nachhinein, z. B. bei LSt-Außenprüfungen, die vom Arbeitgeber angesetzten Werte in Zweifel zieht. Bei Arbeitgebern, die eine Vielzahl von Konsumartikeln (Lebensmittel, Kleidung usw.) herstellen oder vertreiben, deren Preise sich laufend ändern, kann die entsprechende Nachweisführung einen beträchtlichen Aufwand verursachen. Ein exakter Nachweis erfordert grundsätzlich eine nachvollziehbare Dokumentation über die tatsächlichen Letztverbraucherpreise der betreffenden Warensortimente. Auch hier gilt es, i. S. d. Vereinfachungsgedankens der Regelung die Anforderung an die Ermittlungs- und Dokumentationslast über die Endverbraucherpreise nicht zu überspitzen.[6]

[3] Niedersächsisches FG v. 18.2.1970, IV 206-210/66, EFG 1970, 390, wonach sich bei verschiedenen Vertriebswegen der Arbeitnehmer den fraglichen Gegenstand u. U. auch "auf anderem Wege" zu einem Vorzugspreis beschaffen kann.
[4] BFH v. 5.9.2006, VI R 41/02, BStBl II 2007, 309, BFH/NV 2006, 2202; Klein, StuW 1988, 217ff.; FG Rheinland-Pfalz v. 18.10.1985, 6 K 218/83, EFG 1986, 179; BFH v. 15.3.1974, VI R 25/70, BStBl II 1974, 16, wonach es nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch bei anderen Unternehmen weitgehend üblich ist, Abschläge vom "üblichen Preis" zu gewähren.
[5] Frotscher, Steuerreform 1990, 44.
[6] Frotscher, Steuerreform 1990, 44, 46.

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