Rz. 108

§ 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG enthält eine Ausnahme von der Abgeltungswirkung des Steuerabzugs für Betriebsstätten. Diese Vorschrift war ursprünglich im ersten Teil des Abs. 5 S. 2 enthalten und ist durch G. v. 19.12.2008[1] in Abs. 2 und eine eigene Nummer umgegliedert worden. Eine sachliche Änderung war hiermit nicht verbunden. Einer weitere Ausnahme von der Abgeltungswirkung der KapESt ist in § 33 Abs. 3 S. 3 InvStG enthalten. Danach hat der Abzug von KapESt durch einen Spezial-Investmentfonds auf die in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen inländischen Immobilienerträge keine abgeltende Wirkung.

 

Rz. 109

Soweit die Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder selbstständigen Betriebs anfallen, wird zwar der Steuerabzug durchgeführt, die Steuer wird durch diesen Steuerabzug aber nicht abgegolten. Voraussetzung ist, dass die Einkünfte Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind. Es muss also ein inländischer Betrieb, d. h. im Regelfall eine inländische Betriebsstätte, vorliegen (§ 34d EStG Rz. 7). Es genügt nicht, dass im Inland ein ständiger Vertreter bestellt worden ist.[2] Dieser begründet nach DBA für den Geschäftsherrn zwar eine Betriebsstätte, nicht aber nach nationalem Recht einen inländischen Betrieb oder eine inländische Betriebsstätte. § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG ist aber nach nationalem Recht auszulegen. DBA-Recht findet insoweit, weil es sich um eine rein innerstaatliche Frage handelt, keine Anwendung. § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG stellt ausdrücklich auf einen inländischen Betrieb ab, bezieht sich also auf § 12 AO, ohne den ständigen Vertreter (§ 13 AO) einzubeziehen. Rechtspolitisch dürfte dies verfehlt sein, doch ist m. E. der Wortlaut des Gesetzes eindeutig.

Besteht kein inländischer Betrieb, greift für land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche und freiberufliche Einkünfte die Abgeltungswirkung ein. Das Erzielen von gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften aus im Inland ausgeübten oder verwerteten künstlerischen, sportlichen artistischen, unterhaltenden oder ähnlichen Darbietungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, Nr. 3 EStG allein schließt also die Abgeltungswirkung nicht aus.

 

Rz. 110

Die Betriebsstätte muss in dem Zeitraum (Vz) bestehen, dem die steuerabzugspflichtige Einnahme steuerlich zuzuordnen ist. Welchem Zeitraum die Einnahme zuzuordnen ist, bestimmt sich auch bei Bestehen eines DBA nach innerstaatlichem Recht, weil die DBA insoweit regelmäßig keine Bestimmungen enthalten. Bei Bilanzierung richtet sich der Zeitraum der Zuordnung nach bilanzrechtlichen Grundsätzen. Der Zeitraum des Zuflusses ist danach unbeachtlich. Bei Einnahme-Überschussrechnung ist demgegenüber der Zeitraum des Zuflusses maßgebend. Der Zeitraum, in dem die Leistung erbracht wurde, für die die Einnahme zufließt, ist demgegenüber ohne Bedeutung.[3] Für vorweggenommene oder nachträgliche Einnahmen tritt die Abgeltungswirkung also ein, wenn diese Einnahmen nicht einem Zeitraum zugeordnet werden können, in dem ein inländischer Betrieb besteht.

 

Rz. 111

Es erfolgt eine Veranlagung des beschr. Stpfl., in die auch die steuerabzugspflichtigen Einkünfte einbezogen werden, wenn diese der Betriebsstätte zuzurechnen sind. Die Veranlagung folgt den Regeln des § 50 Abs. 1 EStG. Bei der Veranlagung der steuerabzugspflichtigen Einkünfte werden auch Betriebsausgaben angesetzt. An die Stelle der Bruttobesteuerung tritt daher die übliche Besteuerung nach dem objektiven Nettoprinzip. Auf die festgesetzte Steuer wird dann der Steuerabzug angerechnet. Besondere Verfahrensregeln für diese Veranlagung bestehen nicht. Zuständig ist das Betriebsstätten-FA (§ 19 Abs. 2 AO).

[1] BStBl I 2009, 74.
[2] A. A. Loschelder, in Schmidt, EStG, 2023, § 50 EStG Rz. 28; insoweit offengelassen von BFH v. 23.10.1991, I R 86/89, BStBl II 1991, 185, Abschn. II 3.

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