Rz. 82

§ 7 Abs. 7 Satz 1 sieht vor, dass die Arbeitszeit nach Abs. 2a, oder den Abs. 3–5 jeweils i. V. m. Abs. 2a nur dann verlängert werden darf, wenn der Arbeitnehmer in die Verlängerung schriftlich eingewilligt hat (die sog. Opt-out Regelung). Satz 2 der Vorschrift regelt die Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung und Satz 3 spricht ein Benachteiligungsverbot gegenüber dem Arbeitgeber aus, wenn der Arbeitnehmer seine Einwilligung nicht erteilt oder widerrufen hat. Abs. 7 regelt damit das Freiwilligkeitsprinzip und das Benachteiligungsverbot.[1]

[1] BT-Drucks. 15/1587 S. 31.

9.1 Erteilung der Einwilligung (Abs. 7 Satz 1)

 

Rz. 83

Dem Freiwilligkeitsprinzip wird dadurch Rechnung getragen, dass der Arbeitnehmer selbst einwilligen muss in eine Verlängerung seiner Arbeitszeit. Eine Einwilligung beispielsweise aufgrund Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung scheidet aus.[1]

Erforderlich ist es außerdem, dass der Arbeitnehmer die Einwilligung schriftlich erteilt. Das Formerfordernis soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zum Überlegen geben sowie dem Selbstschutz dienen.[2]

Zum Zeitpunkt der Erteilung der Einwilligung äußert sich die Vorschrift nicht. "Einwilligung" ist in § 183 BGB als vorherige Zustimmung legaldefiniert, wobei aufgrund des uneinheitlichen Gebrauchs der Begrifflichkeit diese Definition zwar nicht zwingend ist, aber vorliegend aus teleologischen Gründen ebenfalls eine Erteilung vor Beginn der Verlängerung der Arbeitszeit angebracht ist.[3]

[1] Baeck/Deutsch, § 7 ArbZG, Rz. 142.
[2] Neumann/Biebl, § 7 ArbZG, Rz. 55.
[3] Baeck/Deutsch, § 7 ArbZG, Rz. 144.

9.2 Widerruf der Einwilligung (Abs. 7 Satz 2)

 

Rz. 84

Eine einmal erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers nach Satz 1 kann dieser jederzeit widerrufen. Erforderlich ist auch hier, dass der Widerruf dem Arbeitgeber schriftlich angezeigt wird. Der Widerruf kann außerdem nur mit einer Frist von 6 Monaten erfolgen, um dem Arbeitgeber genügend Zeit zur Organisation einzuräumen. Ursprünglich war lediglich eine Frist von einem Monat vorgesehen, was aber für den Arbeitgeber zu kaum lösbaren Schwierigkeiten bei der Organisation seines Betriebs geführt hätte. Daher wurde die Frist auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses auf 6 Monate verlängert.

9.3 Benachteiligungsverbot (Abs. 7 Satz 3)

 

Rz. 85

Satz 3 der Vorschrift verbietet eine Benachteiligung des Arbeitnehmers, der seine Einwilligung nicht erteilt oder widerrufen hat. Die Vorschrift ist lex specialis gegenüber § 612a BGB. Welche Benachteiligungen hier konkret gemeint sind, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. In der Gesetzesbegründung wird beispielhaft eine Benachteiligung bei einem beruflichen Aufstieg aufgeführt.[1]

 

Rz. 86

Umstritten sind die Folgen einer verweigerten Einwilligung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, wenn dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Abschluss des Arbeitsvertrags aufgrund dessen ablehnt. Teilweise wird angenommen, dass dies einen Einstellungsanspruch begründen kann[2], überwiegend wird ein Einstellungsanspruch aufgrund des Wortlauts – das Benachteiligungsverbot greift nur bei bereits bestehender Arbeitnehmereigenschaft – abgelehnt.[3]

[1] BT-Drucks. 15/1587 S. 31.
[2] Neumann/Biebl, § 7 ArbZG, Rz. 57.
[3] ErfK/Wank, § 7 ArbZG, Rz. 27; Baeck/Deutsch, § 7 ArbZG, Rz. 148.

9.4 Vereinbarkeit mit der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG

 

Rz. 87

Gegen die Vereinbarkeit von Abs. 7 mit den Vorgaben aus Art. 22 RL 2003/88/EG werden teilweise Bedenken geäußert.

 

Rz. 88

Die 6-monatige Frist, mit der ein Arbeitnehmer seine Einwilligung widerrufen kann, stelle einen Verstoß gegen das in Art. 22 Abs. 1a RL verankerte Freiwilligkeitsprinzip dar.[1] Dagegen wird jedoch zu Recht eingewandt, dass die bereits erteilte Einwilligung durchaus für eine gewisse Dauer Wirkung entfalten könne, ohne dass damit ein Verstoß gegen die Richtlinie vorliege.[2] Berücksichtigt werden muss dabei auch das schutzwürdige Interesse des Arbeitgebers die Funktionsfähigkeit seines Betriebs durch organisatorische Maßnahmen aufrechtzuerhalten. Außerdem ist der Arbeitnehmer durch das Formerfordernis für die Erteilung der Einwilligung auch gewarnt vor den Konsequenzen, sodass eine Frist von 6 Monaten gerechtfertigt ist.

 

Rz. 89

Vorgebracht wird ferner, dass das in Satz 3 geregelte Benachteiligungsverbot den umfänglichen Schutz, den Art. 22 Abs. 1b RL 2003/88/EG vorsieht, nicht biete. Eine sozialrechtliche Benachteiligung des Arbeitnehmers, welche wegen des weiten Wortlauts der EU Richtlinie mit erfasst sei, sei durch die Regelung des § 7 Abs. 7 Satz 3 nicht ausgeschlossen.

[1] Buschmann/Ulber, § 7 ArbZG, Rz. 43.
[2] Neumann/Biebl, § 7 ArbZG, Rz. 56.

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