Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Lohnsteuernachforderung bei Abführung der Lohnsteuer gemäß unrichtiger Anrufungsauskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Steuerpflichtiger, der entsprechend einer vom zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt erteilten Anrufungsauskunft Lohnsteuer abgeführt hat, kann unabhängig von der Richtigkeit dieser Auskunft (hier: Abweichung von FinMin-Erlass) nicht zur Nachforderung von Lohnsteuer wegen „nicht vorschriftsmäßiger Einbehaltung” herangezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer einen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer gestellt hat, um damit seine Steuerschuldnerschaft und die Abgeltungswirkung auszulösen.

 

Normenkette

EStG §§ 38, 40 Abs. 1 S. 1, § 42e

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.11.2005; Aktenzeichen VI R 23/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Flugunternehmen, das seinen Arbeitnehmern und deren Familienangehörigen unentgeltliche bzw. teilentgeltliche Flüge für private Zwecke anbietet. Die Beteiligten streiten über die Bewertung sog. „A-Urlaubsflüge” für lohnsteuerliche Zwecke in den Jahren 1988 und 1989.

Mit Urkunde vom 26. Oktober 1977 hat der Bundesminister für Verkehr der Klägerin die unbefristete Genehmigung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen durch Luftfahrzeuge im nicht planmäßigen Verkehr (Gelegenheitsverkehr) erteilt.

Die Klägerin flog in den Jahren 1988 und 1989 Urlaubsziele im europäischen und außereuropäischen Raum an. Die Gestaltung des Flugprogramms erfolgte in Abstimmung mit Reiseveranstaltern. Neben der Bereitstellung von Sitzplatz-Kontingenten für die Reiseveranstalterkunden in Voll- bzw. Teilcharter vertrieb sie auch Einzelplatzverkauf an Einzelkunden. Die Erlöse je Passagier und Flugkilometer variieren je nach Flugziel, nach Saison, nach Abflugtag sowie nach Buchungsstand.

Die Arbeitnehmer der Klägerin hatten in den Streitjahren die Möglichkeit, außerhalb der sog. „Sperrzeiten”, die in der Regel der Hauptsaison entsprechen, Freiflüge und verbilligte Flüge für sich und ihre Familienangehörigen zu buchen. Nach der Reiseordnung der Klägerin gab es ua. die Flugscheinkategorie:

„A-Urlaubsflug” - 100 % Ermäßigung - Festbuchung.

Urlaubsflug in diesem Sinne ist ein Flug in Verbindung mit mindestens sieben Kalendertagen Aufenthalt, die voll gemäß den tarifvertraglichen Bestimmungen auf den Urlaub angerechnet werden müssen. Das „A"-Ticket trägt keinen einschränkenden „SA” (= if space available) -Vermerk.

Weitere Einzelheiten und Beschränkungen im Reservierungsstatus ergeben sich aus der Reiseordnung, auf die Bezug genommen wird.

Bezüglich des Wertes der Sachbezüge bei Freiflügen bzw. verbilligten Flügen hat das Finanzministerium diverse Erlasse verfasst. Ausweislich des Erlasses S 2334 - 3 – V B 3 vom 10. Dezember 1986 (vgl. BStBl I 1987, 172) betreffend Sachbezugswerte bei Freiflügen und verbilligten Flügen für die Jahre 1987 bis 1989 verringerten sich die dort angegebenen Werte bei Beschränkungen im Reservierungsstatus (Vermerk „space available” -S.A.- auf dem Flugschein) um 50 %.

Erstmalig mit Schreiben vom 4. Februar 1982 beantragte die Klägerin beim Beklagten, den geldwerten Vorteil für Arbeitnehmer-Freiflüge mit 50 v.H. der von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder jeweils festgesetzten Durchschnittswerte je Flugkilometer ansetzen zu dürfen.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der in den Erlassen verwendete Begriff „Luftverkehrsgesellschaft” sei dem Luftverkehrsgesetz -LuftVG- in der Fassung vom 14. Januar 1981 (BGBl I S. 61) fremd. Das Gesetz unterscheide lediglich zwischen Luftfahrtunternehmen im öffentlichen Fluglinienverkehr (§ 21 LuftVG) und im (Luftfahrt-)Gelegenheitsverkehr (§ 22 LuftVG). Sie selbst betreibe als Charterfluggesellschaft keinen Fluglinienverkehr sondern Gelegenheitsverkehr mit Luftfahrzeugen; sie befördere keine Personen oder Sachen auf öffentlichen Linien. Dem Begriff „Luftverkehrsgesellschaft” in den Erlassen der obersten Finanzbehörden über die Festsetzung von Durchschnittswerten für Flugvergünstigungen sei zu entnehmen, dass damit Gesellschaften gemeint seien, die als öffentliche Gesellschaft Luftverkehr betrieben. Als öffentliche Verkehrsgesellschaft könne somit nur ein Fluglinienunternehmen i.S. des § 21 LuftVG angesprochen sein. Als Charterfluggesellschaft sei sie jedoch kein öffentliches Fluglinienverkehrsunternehmen und damit keine Luftverkehrsgesellschaft. Die Durchschnittswerte seien auf sie als Charterfluggesellschaft nicht anwendbar.

Zur Begründung der Höhe des Abschlages von den festgestellten Werten wurden folgende Ausführungen gemacht:

Der maßgebende Erlass vom 3. Juli 1980 (vgl. Bundessteuerblatt -BStBl- I, 1980, 625) spreche lediglich vom Ansatz des Flugkilometers, wobei nicht hinreichend klar sei, welcher Kilometersatz, d.h. Entfernungskilometer (umgerechnet aus nautischen Meilen) oder einfach geflogene Kilometer anzuwenden seien. Sie selbst berechne betriebsintern (wie alle anderen Luftfahrtunternehmen auch) ihre Flugkilo...

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